Alan Danielson

Mich faszinieren Gemeinden, die neue Besucher schnell integrieren können. Der Schlüsselfaktor dazu scheint meiner Meinung nach die Gemeindekultur zu sein. Diese Gemeinden schaffen es beispielhaft, ein Miteinander zu schaffen, in dem sich Erstbesucher schnell zugehörig fühlen. Manche Gemeinden gestalten ihr Gemeindeleben ganz bewusst so, andere tun das eher intuitiv, aber es macht keinen Unterschied. Ich habe durch Beobachtung einige Faktoren herausgefunden, die eine gute Gemeindekultur ausmachen.

1 Sprache

In unseren Gemeinden wird eine bestimmte Sprache gesprochen. Wir als Gemeindeleiter müssen uns fragen, ob sie für Außenstehende überhaupt verständlich und integrativ ist. Das ist eine sehr wichtige Frage, denn Besucher kommen natürlich eher wieder, wenn sie unsere Sprache verstehen.

Eines meiner Lieblingsrestaurants hat eine spanische Speisekarte mit englischer Übersetzung. Ein Großteil der Bediensteten spricht hauptsächlich Spanisch. Daher kommen nur sehr wenige englischsprachige Kunden. Und wegen dieser Sprachbarriere verpassen Tausende von Menschen ein wunderbares Essen.

Sieht es eventuell so in vielen unserer Gemeinden aus? Millionen von Menschen verpassen die Botschaft des Evangeliums – und wir fragen uns, wieso? Vielleicht liegt es an unserer Sprache, die die Leute, die wir erreichen möchten, gar nicht verstehen.

Deshalb sollten wir bewusst Worte wählen, die für alle verständlich und einprägsam sind und mit denen sich die Menschen identifizieren können. Dahingehend sollte man seine Gemeindekultur einmal untersuchen: Welche Begriffe werden verwendet? Ist unsere Sprache klar und in sich logisch? Ist sie relevant? Sind unsere Ausdrücke einprägsam?

2 Logos

Logos sind Symbole, die einen inspirieren und motivieren können. Sie sind übertragbar und relativ einfach zu kopieren.

Die Gemeinden mit einer sehr guten Gemeindekultur nutzen meiner Beobachtung nach intensiv die Wirksamkeit von Logos… Logos, die ohne Worte etwas ausdrücken, um genau zu sein. Wenn wir an Logos denken, denken wir normalerweise an Marketing. Aber Logos haben darüber hinaus auch das Potential, kulturstiftend zu wirken. Wenn eine Gemeinde ihr griffiges Logo auf T-Shirts, Kaffeetassen, Poster, Aufkleber, Einladungskarten und Kugelschreiber druckt, nehmen die Mitglieder diese Artikel mit und dadurch bekommen sie auch andere Menschen zu sehen. Mir geht es an dieser Stelle nicht um den Marketingaspekt, sondern um den gewissen Stolz auf die Gemeinde, der ein starkes Zugehörigkeitsgefühl stiften kann.

Haben eure Gemeinden Logos? Sind sie inspirierend und überall verwendbar? Zeigen die Gemeindeglieder diese Logos anderen Menschen?

3 Feste

Welche Feste werden regelmäßig in eurer Gemeinde gefeiert? Oder genauer gesagt, welche besonderen Feste werden nur bei euch gefeiert? Ostern und Weihnachten wird überall begangen, aber was gibt es Besonderes bei euch? Bei LifeChurch.Tv in Edmond, Oklahoma gibt es z.B. immer im Juli ein großartiges Fest mit dem Titel „At The Movies” (deutsch: Im Filmtheater), bei dem wirklich alle Register gezogen werden. Die Veranstaltungen ziehen sich über vier Wochen hin. Jedes Jahr hat die Gemeinde im Juli die höchsten Besucherzahlen des ganzen Jahres! Während sich alle anderen Gemeinden in Amerika durch das Sommerloch quälen, gewinnt LifeChurch.Tv durch diese Aktion ernorm an Dynamik.

In der Renaissance Church in Summit, New Jersey, gibt es jedes Jahr im Herbst eine Veranstaltungsreihe namens „Finding Faith in Rock ‚N Roll“ (deutsch: Im Rock ‘N Roll den Glauben finden). Die Band spielt bekannte Rock ‘N Roll-Songs und dann wird über den Text gepredigt. Diese Reihe ist bei den Gemeindegliedern äußerst beliebt, deshalb laden sie hierzu die meisten Bekannten und Freunde ein. In manchen Gemeinden wird eine Kultur gelebt, die Gäste sehr gerne als die ihre annehmen. Ob gezielt oder intuitiv, auf jeden Fall werden neue Mitglieder auf exzellente Weise integriert.

4 Beziehungen

In lebendigen Gemeinden werden vielfältige Anlässe geschaffen, bei denen ähnlich gesinnte Menschen Beziehungen knüpfen können. Das sind in erster Linie Kleingruppen. Aber auch Dienstgruppen bieten großartige Gelegenheiten, um Beziehungen zu knüpfen. Es gibt auch die Möglichkeit, am Wochenende mehrere Gottesdienste abzuhalten. Denn am Samstagabend kommen andere Leute als am Sonntagmorgen. Und die Besucher eines frühen Gottesdienstes um 8.30 Uhr sind wieder andere als die, die um 13 Uhr kommen. Jeder Gottesdienst hat seine eigene kleine Subkultur innerhalb der Gemeindekultur. Deswegen bietet eine Gemeinde mit fünf kleineren Wochenendgottesdiensten mehr Möglichkeiten, Freunde zu finden als eine, in der nur ein großer Gottesdienst abgehalten wird.

5 Grenzen

Nicht nur Länder werden durch ihre Grenzen definiert, sondern auch Gemeinden. Grenzen entstehen durch ein klares Bewusstsein der gemeinsamen Identität. In manchen Gemeinden gibt es alle möglichen verschiedenen Arbeitsbereiche. Das macht es schwer, eine eigene Kultur zu entwickeln, denn es wird gleichzeitig in viele unterschiedliche Richtungen gearbeitet. Demgegenüber können Gemeinden, die sich auf fünf oder sechs Dienstbereiche konzentrieren, viel leichter eine Identität finden, weil sie wissen, wer sie sind und wozu Gott sie berufen hat.

Wenn Grenzen nicht eindeutig gesetzt werden, schafft die Gemeinde ihre eigenen. Leiter müssen aktiv bestimmen, was sie wollen und was nicht, denn wenn sie das nicht tun, legen die Gemeindeglieder eventuell willkürlich ihre eigenen Grenzen fest. Dem kann man durch eine klare Leitung entgegenwirken, und jeder versteht viel besser, was die Gemeinde ausmacht und was ihre Dienste sind.

6 Mode

Ja, ich spreche hier vom Kleidungsstil. Wie man sich kleidet, spielt kulturell eine große Rolle. Viele Gemeindeleiter finden Mode nicht wichtig. Aber sie sollten sich überlegen, zu welcher Gruppe von Menschen Gott sie gerufen hat. Zu genau dieser Gruppe sollte ihre Kleidung passen.

Kleidung ist sicherlich nicht der wichtigste Punkt im Gemeindeleben, aber sie spielt doch eine Rolle. Man sollte durchaus mehr als nur einen Gedanken daran verschwenden. Die Menschen, die wir erreichen möchten, denken auch darüber nach, was sie anziehen und deswegen sollten Gemeindeleiter das auch machen.

7 Werte

Jede stabile Kultur hat ein gemeinsames Wertesystem. Dabei geht es nicht um einen Zettel mit aufgelisteten Grundwerten an der Wand. Über Werte sollte man nicht nur sprechen, sondern man muss sie vorleben. Wenn man sagt, Hauskreise seien einem wichtig, dann sollte auch jeder Mitarbeiter in einem Hauskreis sein. Wenn man betont, Lobpreis sei wichtig, dann sollten gerade die Leiter Gott leidenschaftlich anbeten. Wenn man einen besonderen Fokus auf Evangelisation hat, sollte man dementsprechend regelmäßig und klar das Evangelium predigen. Wenn einem neue Besucher wichtig sind, dann sollte die Gemeinde immer auf Gäste vorbereitet sein. Gepredigte Werte stoßen auf taube Ohren, aber gelebte Werte werden wahrgenommen. Wenn Mitarbeiterschaft und Leiter die vereinbarten Werte anschaulich vorleben, kann jeder sehen, was gemeint ist.

Es gibt Bereiche in unseren Gemeinden, auf die sollten wir besonders Wert legen: Evangelisation, Lebensveränderung, Wachstum, Familie, der Führungsstil, Heiligung, das Streben nach guter Qualität, Ehrlichkeit und der Glaube. Traurigerweise haben zu viele Gemeinden in Ermangelung dessen angefangen, andere Dinge wertzuschätzen: Traditionen, gemeinsame Buffets, Vorsicht, Kontrolle, Gemeindepolitik, Mittelmäßigkeit (im Sinne von „das ist gut genug”) und sie denken lieber klein als groß.

Die Quintessenz ist folgende: Eine Gemeindekultur kann bewusst geschaffen werden oder sich im Wildwuchs entwickeln. Wenn Leiter nicht darüber nachdenken und ihre Gemeindekultur gezielt planen, finden sie sich über kurz oder lang in einer selbstzentrierten, der Masse angepassten und Gott entehrenden Gemeinde wieder. Daher ist das Schaffen einer guten Gemeindekultur einer der wichtigsten Aspekte christlicher Leitungskompetenz.

Tragen eure Gemeindefeste dazu bei, dass die Mitglieder sich als Teil von etwas Besonderem fühlen?

Wie könnte man eine Kultur schaffen, in der man neue Feste feiert?

Welche weiteren Aspekte tragen zu einer lebendigen Gemeindekultur bei?

Alan Danielson ist Hauptpastor der „New Life Bible Church” in Norman, Oklahoma. Er war der Teamleiter von „LifeGroups” bei „LifeChurch.tv” in Edmond, Oklahoma. Dort leitete er in 13 Universitäten über 1000 Kleingruppen von „LifeChurch”. Dann gründete er „3Threat.net” um Leiter in drei wichtigen Fähigkeiten auszubilden: eine Vision zu finden, eine Strategie zu entwickeln und Beziehungen zu fördern. Danielson ist ein gefragter Konferenzsprecher. Er lehrt Leiter und christliche Dienste zu Themen wie Kleingruppenarbeit und Führungskompetenzen. Mehr über Alan Danielson unter www.3Threat.net.