Hans-Claus Ewen
Es gibt allgemeine Berufungen Gottes, die für alle Menschen gelten und solche die für alle Christen gelten. Gott ruft alle Menschen in die Gotteskindschaft und möchte nicht, dass einer verloren geht. Gott ruft alle Christen in die Jüngerschaft und dem Gleichwerden mit seinem Sohn Jesus Christus.
Es gibt aber auch persönliche Berufungen zu Diensten, Ämtern und Leitungsfunktionen im Leib Christi, die der Einzelne entweder von Gott oder von Gottes delegierten Autoritäten empfangen kann. Besonders die Berufungen zu Positionen geistlicher Autorität haben mehr mit Charakter als Charisma zu tun. Wer Verantwortung tragen soll, braucht einen gefestigten Charakter. Unser Eingangstext macht dies in seinem Zusammenhang sehr deutlich: 2. Petrus 1,1-10: „Simon Petrus, Knecht und Apostel Jesu Christi, denen, die einen gleich kostbaren Glauben mit uns empfangen haben durch die Gerechtigkeit unseres Gottes und Heilandes Jesus Christus: Gnade und Friede werde euch [immer] reichlicher zuteil in der Erkenntnis Gottes und Jesu, unseres Herrn! Da seine göttliche Kraft uns alles zum Leben und zur Gottseligkeit geschenkt hat durch die Erkenntnis dessen, der uns berufen hat durch [seine] eigene Herrlichkeit und Tugend, durch die er uns die kostbaren und größten Verheißungen geschenkt hat, damit ihr durch sie Teilhaber der göttlichen Natur werdet, die ihr dem Verderben, das durch die Begierde in der Welt ist, entflohen seid: eben deshalb wendet aber auch allen Fleiß auf und reicht in eurem Glauben die Tugend dar, in der Tugend aber die Erkenntnis, in der Erkenntnis aber die Enthaltsamkeit, in der Enthaltsamkeit aber das Ausharren, in dem Ausharren aber die Gottseligkeit, in der Gottseligkeit aber die Bruderliebe, in der Bruderliebe aber die Liebe. Denn wenn diese Dinge bei euch vorhanden sind und wachsen, lassen sie [euch] im Hinblick auf die Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus nicht träge noch fruchtleer sein. Denn bei wem diese Dinge nicht vorhanden sind, der ist blind, kurzsichtig und hat die Reinigung von seinen früheren Sünden vergessen. Darum, Brüder, befleißigt euch um so mehr, eure Berufung und Erwählung fest zu machen; denn wenn ihr diese Dinge tut, werdet ihr niemals straucheln.“
Das griechische Wort, das in 2. Petrus 1,5 mit „darreichen“ übersetzt wird, enthält die Idee eines Chors, der geleitet und versorgt werden muss. Glauben soll versorgt, beliefert, gespeist werden mit Tugend, Tugend mit Erkenntnis, etc… Es ist das Zusammenspiel, der Chor aller dieser Aspekte die aus unserer Berufung und Erwählung einen harmonischen Klang machen, der alles bewirken kann, was Gott dadurch machen möchte. Das Scheitern von Männern und Frauen Gottes lag noch nie an mangelndem Charisma, aber praktisch immer an mangelndem Charakter. Stellen wir unseren Text schematisch dar, so sehen wir, dass auf die Grundlage des Glaubens Charaktermerkmale gebaut werden müssen. Es ist keine Rede von charismatischen Gaben oder Begabungen.
- Liebe (agape)
- Bruderliebe (Freundschaftliche Liebe)
- Gottseligkeit (Frömmigkeit; Gottesfurcht)
- Ausharren (Unter etwas bleiben)
- Enthaltsamkeit (Selbstbeherrschung)
- Erkenntnis (gnosis)
- Tugend (Moralische Exzellenz)
- Glauben
König Saul scheiterte obwohl er von Gott berufen, mit dem Heiligen Geist erfüllt und Geistesgaben ausgestattet war. Sein Charakter war sein Fall. König Salomo beendete sein Leben in einem peinlichen Zustand, weil er in Bezug auf Frauen keine Selbstbeherrschung kannte. „Und es geschah zur Zeit, als Salomo alt geworden war, da neigten seine Frauen sein Herz anderen Göttern zu. So war sein Herz nicht ungeteilt mit dem HERRN, seinem Gott, wie das Herz seines Vaters David.“ 1. Könige 11,4. Die zweite Phase der Berufung eines Menschen ist deswegen sehr entscheidend. Hier schafft Gott die Gelegenheit, Charakter zu bilden, den Glauben sich bewähren zu lassen und den Berufenen auf die späteren Erfolgserlebnisse vorzubereiten. Erfolg, der auf einen schwachen Charakter trifft, kann einen großen Schaden anrichten. Demut, Dankbarkeit und eine gesunde Selbsteinschätzung lernt man am besten durch Prüfungen. Gott möchte uns zu erfolgreichen Christen machen, die ihren Erfolg in Demut und Dankbarkeit genießen können, ohne dass er ihnen zu Kopf steigt.
Hans-Claus ist Pastor des Christlichen Zentrums Hunsrück in Kirchberg http://www.cz-h.de/ [1] Mehr kannst du über ihn in sein Blog erfahren: http://hans-ewen.de/ [2]