Rick Warren

Jesus stellte oft die konventionelle Denkweise seiner Zeitgenossen in Frage. An zwanzig verschiedenen Stellen sagt Jesus: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist … Ich aber sage euch…“ Und sogar heute noch gehen seine Gedanken über Leiterschaft einigen Menschen gegen den Strich.

Die meisten Bücher über Leiterschaft, ob christlicher oder säkularer Natur geben die gleichen Ratschläge – sei selbstsicher, gib nie Angst zu, behalte die Kontrolle und sei beherrscht, sie überzeugend und zeige nie Schwachheit. Aber Jesus hatte einen ganz anderen Stil. Statt aus einer Position der Stärke heraus zu leiten – nämlich anderen einen Autoritätsstil überzustülpen – leitete Jesus aus einer Position der Schwachheit indem er zum Diener wurde.

Tatsache ist, dass jeder Schwachheiten hat. Und unsere Schwachheiten sind facettenreich. Wir haben körperliche, intellektuelle, emotionale und geistliche Schwachheiten. Die Frage stellt sich, wie wir mit ihnen umgehen. Während die meisten Menschen ihre Schwachheit verleugnen, verteidigen oder entschuldigen, so können christliche Leiter ihre Schwachheit annehmen und Gott bitten, sie zu gebrauchen. Wenn Gott durch schwache Menschen wirkt, so wird seine Macht umso mehr offenbar!

Lasst mich definieren, was ich meine, wenn ich das Wort Schwachheit gebrauche. Ich rede nicht von einem Charaktermangel, an dem ich arbeite sollte und könnte. Schwachheit ist eine Begrenzung in meinem Leben, die ich ererbt habe und nicht verändern kann. Wie kann man nun andere leiten mit einer solchen Schwachheit, um die man nicht gebeten hat und die man nicht ablegen kann?

1. Ich muss meine Schwachheit zugeben. Mit anderen Worten, ich muss aufhören so zu tun, als ob alles bei mir bestens ist, und aufhören zu hoffen, dass die Schwachheiten weggehen, wenn ich sie ignoriere. Ich muss aufhören, Ausreden zu erfinden und anderen die Schuld zuzuweisen, was letztendlich sowieso nur meine Glaubwürdigkeit beschädigt. Saddleback Church stellt nur Gemeindemitarbeiter an, die bereit sind, ihre Schwachheiten einzugestehen. Wir wollen uns nicht mit den Konsequenzen auseinandersetzen, die daraus resultieren, dass unsichere und nicht gefestigte Leiter die Mitarbeiterschaft von innen infizieren.

2. Ich muss dankbar sein für meine Schwachheit. Die Begrenzungen, die Gott in unserem Leben zulässt, sind maskierte Segnungen. Unsere Begrenzungen sind nämlich der Garant dafür, dass Gott sich zeigen und helfen wird. Sie sorgen auch dafür, dass ich nicht überheblich werde. Nichts behindert meinen Dienst mehr als Überheblichkeit und Arroganz. Ich kam mit einer Störung im Gehirn auf die Welt, die es die meiste Zeit für mich unerträglich schmerzhaft macht, öffentlich zu reden. Mein Gehirn überreagiert auf Adrenalin. Meine Sicht wird unscharf und manchmal wird mir alles ganz schwarz vor Augen. Dann stellen sich schreckliche Kopfschmerzen ein, Hitzewallungen und ein Gefühl schierer Panik! Aber ich habe gelernt, dass meine größte Schwachheit gleichzeitig der größte Segen ist, denn Gott bekommt alle Ehre, weil er mich dennoch gebraucht.

3. Ich muss offen über meine Schwachheit reden. Das nennt man verwundbar sein. Ich rede über meine Schwachheit und gebe zu, dass ich Begrenzungen habe was mein Wissen, meine Fähigkeiten, meine Energie betrifft. Und sich zu öffnen ist immer riskant. Es wird Menschen in deiner Gemeinde geben, die nicht wünschen, dass du allzu menschlich bist. Sie statten dich lieber mit einem Heiligenschein aus und tun so, als ob du niemals versucht würdest und über den Realitäten des Alltags schwebst.

Verwundbarkeit nicht einzugestehen ist unehrlich, heuchlerisch, und schlimmer noch, bringt es Menschen dazu, christliche Leiter abzulehnen, wenn deren menschliche Seite dann irgendwann doch sichtbar wird. Und sie wird immer irgendwann sichtbar!

Warum ist es so wichtig, dass du offen mit deinen Gefühlen umgehst?

  • Es befreit dich von dem Stress, ein falsches Bild von dir aufrecht halten zu müssen.
  • Einige Schwachheiten rühren sich einfach nicht, bis du sie bekennst.
  • Du kannst keine Gnade erleben ohne Schwachheit einzugestehen und du kannst anderen nicht dienen ohne Gnade.
  • Es ist die beste und schnellste Art, die Zuneigung anderer zu gewinnen.
  • Ehrlichkeit unterstützt deine Glaubwürdigkeit, und Menschen folgen gerne Leitern, denen sie vertrauen.
  • Es ermutigt andere dazu, auch ihre Masken abzulegen.
  • Es verbessert deinen Predigtdienst, wenn du mit Transparenz sprichst.

Wenn du über deine Stärken sprichst, dann schaffst du Konkurrenzdenken. Wenn du über deine Schwachheit sprichst, dann schaffst du Gemeinsamkeit!

So, worüber solltest du dann sprechen? Wenn du nun darüber nachsinnst, was und wie du in der kommenden Woche kommunizieren willst, dann überlege dir, wie du die folgenden fünf Punkte herüberbringen kannst:

  • Versagen
  • Gefühle
  • Fehler
  • Frustrationen
  • Ängste

Deine Menschlichkeit ist einer der größten Aktivposten in deinem Dienst. Deine Menschlichkeit zu verleugnen ist nicht nur dumm, sondern vermindert auch deine Effektivität. Möchtest du von Gott gebraucht werden? Möchtest du Seinen Segen auf deinem Dienst? Möchtest du, dass Gott die Ehre gegeben wird? Dann lebe in völliger Abhängigkeit von Gott!

Rick Warren ist Pastor der Saddleback Church in Lake Forst, Kalifornien, deren Gottesdienste am Wochenende von durchschnittlich 22.000 Menschen besucht werden. Rick ist durch sein Buch The Purpose Driven Life (deutsch: Leben mit Vision) bekannt geworden, das auf der Bestsellerliste der New Times  für über zwei Jahre die Sektion für gebundene Ratgeber anführte. Rick beschreibt darin fünf biblische Prinzipien, die für ein erfülltes Leben notwendig sind: Lobpreis und Anbetung, Gemeinschaft, Jüngerschaft, Dienst und Evangelisation. Für mehr Info besuche: http://pastors.com/rickwarren/