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Gefahr für Pastorenfrauen: Glaubenskrise in Sicht

Kimberly Waldie

So eine Überschrift kann schon provozieren.

Die Leute stecken immer wieder gerne ihre Nase in die Angelegenheiten anderer und sind meiner Meinung nach ganz besonders neugierig, wenn es um den Pastor geht. Nach 20 Dienstjahren meines Mannes, der Pastor ist, kann ich das sagen. Die Leute wollen gerne wissen, was ihn so antreibt und was ihn von der Masse abhebt. Und seine Familie hängt mit drin.

Doch in Wirklichkeit sind Pastoren und auch ihre Frauen nicht anders als andere. Wir haben gute Tage, aber es gibt auch schlechte Tage, an denen wir an unsere Grenzen stoßen. Tage, an denen wir uns mitten in einer Glaubenskrise wiederfinden. Und wenn diese Tage kommen, dann kommen sie mit aller Gewalt.

Es gibt für Pastoren keinen Freifahrtschein, mit dem sie unbeschadet durchs Leben kommt. Wir müssen uns durch eine geistliche Dürre hindurchkämpfen. Wir gehen zuweilen durch die Dunkelheit einer Depression. Wir müssen auch dann noch täglich anderen dienen und für sie da sein, wenn es uns körperlich oder emotional schlecht geht oder wir unter geistlicher Dürre leiden.

Ich brauche kein Mitleid. Das, was ich tue, tue ich sehr gerne und ich kann mir mein Leben auch gar nicht anders vorstellen. Doch ich reflektiere in Abständen immer wieder, womit ich mich im Leben eigentlich so einsetze.

Vielleicht meint jemand, dass ein Pastor seinen Dienst nicht ausüben sollte, wenn er selbst zu kämpfen hat. Wenn es sich dabei um ein Problem handelt, was aus einem permanent sündigen Verhalten heraus resultiert, dann stimme ich dem zu. Jesus machte eines ganz klar: Wer ihm nachfolgen will, muss seine alte Natur und das damit verbundene sündige Verhalten sterben lassen und anstelle der eigenen Sehnsüchte das tun, was Jesus will. Das gilt für alle Nachfolger Christi und nicht nur für Pastoren.

Doch meine Glaubenskrise hat nichts mit Jesus zu tun. Ihm werde ich bis zu meinem letzten Atemzug nachfolgen. Ich glaube jedes seiner Worte und ich will diese Worte auch in meinem Leben sichtbar werden lassen.

Meine Glaubenskrise hat mit dem Menschsein zu tun – einschließlich meiner selbst. Ich denke, es gibt viele Pastoren, die von anderen unbemerkt, Glaubenskrisen durchleiden. Denn sie müssen mit anschauen, wie andere zu kämpfen haben, sich selbst zerstören, gewalttätig werden oder ihre Ohren für die Wahrheit verschließen. Es liegt am Menschsein.

Kann ein Pastor eine Glaubenskrise haben?

Wenn es darum geht, zu glauben, dass Menschen sich ändern: Ja!

Denn wenn man nur daneben stehen und zuschauen konnte, wie sich viele Leute einfach nicht ändern, muss man sich immer wieder neu zusammenreißen und neuen Glauben aktivieren, um für die nächste Person da sein zu können.

Wenn es darum geht, zu glauben, dass die Leute einem wirklich zuhören: Ja!

Denn wenn man sich voll und ganz investiert hat, um den Leuten biblische Wahrheiten nahezubringen, sie immer noch mehr hören wollen, ohne die letzte Predigt ansatzweise umgesetzt zu haben, dann muss man ganz tief in Gottes Liebe eintauchen, seinen Tank wieder auffüllen um wieder Kraft zu finden, mit dem Predigen weiterzumachen.

Wenn es darum geht, zu glauben, dass die eigene Arbeit und das Zurückstellen der eigenen Familie etwas in der Welt verändert: Ja!

Denn genau an diesen Tagen muss man den Mut und die Kraft finden, weiterzumachen, ungeachtet dessen, was man sieht oder fühlt.  Denn eines steht fest: In solchen Zeiten wird der Glaube in seiner Beschaffenheit gefestigt: wenn man einfach nichts mehr sehen kann und sich dennoch entscheiden muss, am Glauben festzuhalten.

Wenn es darum geht, zu glauben, dass das eigene Gebet wirklich etwas bewirkt: Ja!

Denn manchmal kann man die Gebetserhörungen, die man (nicht) erlebt nicht mehr ertragen. Wenn man einen geliebten Menschen in den Armen hielt, als er seinen letzten Atemzug tat und einfach von einem ging und man nun plötzlich alleine und wie gelähmt zurückbleibt und erkennen muss: Gottes Antwort kann manchmal auch „nein“ sein. Nach solch einer Enttäuschung, muss man wieder den Mut finden, erneut zu beten und zu glauben, dass Gebet etwas bewirkt.

Wenn es darum geht, zu glauben, dass die Bibel wirklich die Wahrheit ist: Ja!

Denn es ist genau hier auf dem Dreschboden unseres Geistes, wo der Zweifel, der sich aufgrund der ganzen menschlichen Dinge auftürmt, durch die Wahrheit zurückgedrängt wird, durch die Überzeugung, dass Christus die Wahrheit ist. Und genau hier schlägt das Herz des Predigers wieder lauter und stärker und ist mehr und mehr davon überzeugt, dass sein Herz für die Wahrheit schlägt.

Ja, vielleicht besteht die wahre Krise darin, dass unser Glaube oftmals in dem Menschsein verankert ist. Und genau da setzt die Desillusionierung ein. Denn der Glaube kann nur bei Gott gefunden werden.

Aber Jesus blieb ihnen gegenüber zurückhaltend, denn er kannte sie alle. Er wusste genau, wie es im Innersten des Menschen aussieht; niemand brauchte ihm darüber etwas zu sagen. (Johannes 2,24-25 NGÜ)

Jesus war nie von den Menschen überrascht. Er wurde deshalb nicht zynisch. Es desillusionierte ihn auch nicht und er wollte nicht alles ihretwegen hinwerfen. Er vertraute voll und ganz darauf, was Gottes Gnade in jedem, der sie annehmen wollte, bewirken konnte.

Eine Krise ist laut Duden eine schwierige Lage, Situation, Zeit [die den Höhe- und Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt]; Schwierigkeit, kritische Situation; Zeit der Gefährdung, des Gefährdetseins (duden.de)

Der Wendepunkt unserer Krise kommt dann, wenn die Herausforderungen uns zwingen, unser Vertrauen ganz auf Gott zu setzen, auf seine Gnade, seine unendliche Güte und seine Liebe für die Menschheit. Und ob die Menschen sich auf ihn einlassen oder nicht, ist Gottes Problem.

Für uns alle – ob Pastor oder nicht – gilt das Gleiche: … und unseren Blick auf Jesus richten, den Wegbereiter des Glaubens(Hebräer 12:2, NGÜ)

Deshalb warte ich auf Jesus, weil er mich daran erinnert, dass er den Menschen immer noch seine Gnade zur Veränderung anbietet.

Ich warte auf ihn, weil er mich daran erinnert, dass immer noch viele Menschen zuhören. Und noch wichtiger ist, dass sie für uns beten, damit wir nicht aufgeben, wenn es schwierig wird und wir das Gefühl haben, nicht weitermachen zu können.

Ich warte auf ihn, weil er mich daran erinnert, dass er jedes meiner Opfer wahrnimmt. Dass er sieht, wenn wir unsere Träume aufgeben, um seine Träume real werden zu lassen. Das wird er belohnen und wir werden Dinge verändern, ganz gleich, was der Feind uns auch weismachen will.

Ich warte auf ihn, weil er mich daran erinnert, dass er letztlich alle Krankheiten heilen wird. Nicht in diesem Leben wird das letzte Wort gesprochen, wenn es um Gebetserhörungen geht: Nicht in diesem Leben.

Und genau in diesem lodernden Feuer des Wartens formt er unseren Glauben. Was auch immer geschieht, wir schauen auf ihn. Denn er ist treu und wahrhaftig. Er hat alles, was uns zukünftig erwartet, bereits festgelegt. Für immer und ewig. Und genau das ist der Wendepunkt, an dem unser Glaube zum Schauen kommt.

Über Kimberly Waldie

Ich bin mit einem großartigen Mann verheiratet, bin Mutter von vier (manchmal herausfordernden) Kindern und Frau des Pastors eine wunderbaren Gemeinde im schönen Traverse City, Michigan! Das Leben hat so seine Herausforderungen, Sackgassen und Lektionen, gerade wenn es um das Muttersein geht, den Dienst in der Gemeinde und man über 40 ist. Immer wieder kann ich in meinem Leben sehen, mit was für einer unglaublichen Geduld Jesus Christus mit mir umgeht. Es ist meine Sehnsucht, mich für ihn einzusetzen, damit Gott durch das Leben von Menschen Ehre bereitet wird. Mein Blog: Greenroom [1]