Carey Nieuwhof
Während sich die sozialen Medien und sogar die traditionellen Medien immer noch mit Mega-Gemeinden und Gemeinden mit mehreren Standorten (Multi-Site) beschäftigen, sind in Wirklichkeit die meisten Gemeinden ziemlich klein.
Die Barna Group schätzt die Durchschnittsgröße einer Gemeinde in USA auf 89 Erwachsene. Sechzig Prozent der Gemeinden haben weniger als 100 erwachsene Gottesdienstbesucher. Nur bei zwei Prozent gehen mehr als 1000 Erwachsene regelmäßig zum Gottesdienst.
Du solltest Dir darüber im Klaren sein, dass an einer kleinen Gemeinde nichts Falsches ist. Aber ich weiß auch, dass fast jeder Leiter einer kleinen Gemeinde, mit dem ich gesprochen habe, sich wünscht, dass seine oder ihre Gemeinde wachsen möge.
Woran liegt es also, dass die meisten Gemeinden nicht über 200 Mitglieder hinauswachsen?
Daran liegt es nicht:
Dem Wunsch danach: Die meisten Gemeindeleiter, die ich kenne, wollen, dass ihre Gemeinde mehr Menschen erreicht.
Zu wenig Gebet: Viele Leiter von kleinen Gemeinden sind unglaublich treu im Gebet.
Liebe: Einige Leute in kleineren Gemeinden lieben andere Menschen ebenso aufrichtig wie jeder andere, den ich kenne.
Gelegenheit: Wachstum kann an den ungewöhnlichsten Orten beginnen.
Nehmen wir einmal an, Du hast einen soliden Auftrag, eine solide Theologie und das Herz dazu, Menschen zu erreichen.
Weißt Du, warum die meisten Gemeinden dennoch nicht über die Marke von 200 Mitgliedern hinauswachsen?
Sie organisieren, agieren, leiten und verwalten alles wie in einer kleinen Organisation.
Denke mal darüber nach.
Es besteht ein himmelweiter Unterschied zwischen der Organisation eines kleinen Ladens an der Ecke und der Organisation eines größeren Supermarktes.
Im kleinen Laden an der Ecke (Tante-Emma-Laden) kümmern sich Mutti und Vati um alles. Willst Du die Geschäftsführerin sprechen? Sie räumt gerade die Regale ein. Du willst Dich mit dem Marketingleiter treffen? Er sitzt an der Kasse.
Mutti und Vati machen alles, und sie organisieren ihr Unternehmen so, dass es klein bleibt. Und das ist gut so, wenn Du Mutti oder Vati bist und nicht wachsen willst.
Aber so kannst Du keinen Supermarkt führen. Du gehst anders vor. Du regelst die Dinge anders. Es gibt einen Produktionsleiter und Leute, die ausschließlich die Regale einräumen. Es gibt einen Abteilungsleiter, einen Betriebsleiter, einen Geschäftsführer und noch viele mehr.
Wie können wir dies auf die Gemeindesituation übertragen?
Hier sind acht Gründe, warum Gemeinden, die wachsen wollen, am Ende doch klein bleiben:
1. Die Leute werden hauptsächlich vom Pastor betreut.
Ganz ehrlich, wenn Du nur dieses eine Thema in den Griff bekommst, dann hast Du einen riesigen Fortschritt gemacht. Wenn der Pastor alle Kranken besuchen muss, jede Hochzeit und jede Beerdigung halten und regelmäßige Hausbesuche machen muss, dann kann er oder sie nichts anderes mehr machen. Dieses Modell ist einfach ungünstig.
Wenn Du gut bist, dann wird Deine Gemeinde auf bis zu 200 Leute anwachsen. Aber dann werden die Menschen enttäuscht sein, wenn Du es nicht mehr schaffst, zu jeder Veranstaltung zu kommen. Oder Du bekommst ein Burn-out. Dieser Ansatz weckt falsche Erwartungen, und viele Menschen werden im Laufe der Zeit verletzt.
Dies ist immer noch das beste Buch zu diesem Thema, das ich kenne, obwohl es schon 20 Jahre alt ist. Übrigens ist die Lösung die, dass wir den Leuten beibringen, wie sie sich in den Kleingruppen umeinander kümmern können.
2. Die Leiter haben keine Strategie.
Viele Gemeinden heutzutage haben einen klaren Auftrag und eine klare Vision. Was aber den meisten fehlt, ist eine Strategie, die von den meisten geteilt und akzeptiert wird. Deine Vision und Dein Auftrag antworten auf die Fragen nach dem Warum und worum es bei Deiner Organisation geht. Deine Strategie antwortet auf die Frage nach dem Wie. Und das Wie ist unverzichtbar. Nimm Dir Zeit dazu, an Deiner Strategie zu feilen. Sei Dir darüber im Klaren, wie Du Deinen Auftrag erfüllen kannst, und gib Dich erst zufrieden, bis sich jeder einzelne Mitarbeiter und Leiter den Auftrag, die Vision und die Strategie zu Eigen gemacht hat.
3.Wahre Leiter leiten nicht.
In jeder Gemeinde gibt es Menschen, die eine Leitungsposition innehaben. Dann gibt es aber auch noch Menschen, die wirkliche Leiter sind (die aber vielleicht keine Position in Deiner Gemeinde haben).
Verzichte auf die Leute, die einen Titel haben, aber den Auftrag nicht voranbringen, und gib’ diese Arbeit den wirklichen Leitern. Schaue Dich nach Menschen um, die bereits eine Erfolgsbilanz darin haben, in anderen Lebensbereichen Verantwortung zu übernehmen, und gib’ ihnen die Aufgabe, die Gemeinde gemeinsam mit Dir in die Zukunft zu leiten.
Wenn Du tatsächlich Leiter hast, die leiten, dann wird das einen riesengroßen Unterschied machen.
4. Die Mitarbeiter werden nicht gestärkt.
Es stimmt, dass kleine Gemeinden vielleicht nicht genügend Geld haben, um andere Mitarbeiter einzustellen, aber Du hast die Menschen. Wenn Du einmal die wahren Leiter gefunden hast, und wenn Du Dir über den Auftrag, die Vision und die Strategie im Klaren bist, dann musst Du die Menschen freisetzen, damit diese Dinge erreicht werden können.
Wenn Du versuchst, alles alleine zu schaffen, dann bekommst Du ein Burn-out, wirfst alles hin oder bleibst einfach erfolglos.
Stärke die Mitarbeiter anhand einer abgestimmten Strategie, und Du wirst mit Sicherheit anfangen, Fortschritte zu sehen.
5. Das Leitungsteam befasst sich mit zu vielen Details.
Wenn Du Dir jedes Mal die Erlaubnis einholen musst, um Papierhandtücher zu kaufen oder ein Büro neu zu streichen, dann hast Du ein Führungsproblem.
Die meisten Leitungsgremien, die sich mit zu vielen Details befassen, tun das, weil genau in diesen Bereichen die meisten Leute einfach ihre Verpflichtungen nicht einhalten. Du brauchst ein Leitungsgremium, das den Auftrag und die Vision bewahrt und das Team befähigt, seine Aufgaben zu erfüllen, und dann macht es den Weg für andere frei.
6. Zu viele Treffen.
Ich habe eine Gemeinde mit einer Gesamtzahl von 50 Mitgliedern geleitet, die regelmäßig zum Gottesdienst kamen. Wir hatten 16 Älteste. Insgesamt kam die Gemeinde zwei- bis dreimal pro Woche zu Abendveranstaltungen zusammen.
Warum um alles in der Welt sollte sich eine so kleine Gemeinde so oft treffen?
Schließlich änderte ich die Ausrichtung der meisten dieser Treffen, und machte sie zu Treffen über Vision und Neuorganisation. Wir reduzierten auch die Anzahl der Ältesten. Obwohl wir jetzt eine viel größere Gemeinde haben, habe ich nur noch ein oder zwei Termine am Abend pro Woche (und dann meistens mit Kleingruppen).
Wenn Du Dich mit Leuten triffst, dann treffe Dich künftig bewusst mit ihnen. Nimm Dir Zeit, damit Du und Dein Team etwas Wichtiges erreichen könnt.
7. Zu viele Veranstaltungen und Programme, die zu nichts führen.
Aktivität ist nicht gleichzusetzen mit Errungenschaft. Nur weil Du beschäftigt bist, heißt das noch lange nicht, dass Du auch eine Wirkung erzielst.
Wenn Du Dir einmal die meisten kleinen Gemeinden ansiehst (wohl gemerkt, ich hatte auch eine … ich richte nicht, ich bin nur ehrlich), dann gibt es dort eine Menge Programme, die wenig erreichen und zu nichts führen. Höre auf damit.
Natürlich werden die Leute wütend sein. Habe auch den Mut ein paar gute Programme zu reduzieren. Das Bessere ist des Guten Feind. Und dann geh’ raus und mach’ ein paar tolle Sachen.
8. Der Pastor leidet an dem Bedürfnis, es allen recht machen zu wollen.
Viele Pastoren, die ich kenne, sind von ihrem Charakter her Menschen, die es allen recht machen wollen. Suche Dir einen Berater. Geh’ auf die Knie. Tue alles, was nötig ist, um über die Angst hinwegzukommen, andere Menschen zu enttäuschen.
Mutige Leiterschaft ist wie mutige Kindererziehung. Tue nicht, was Deine Kinder von Dir wollen, sondern tue, wovon Du glaubst, dass es am Ende das Beste für sie ist. Eines Tages werden sich viele dieser Leute bei Dir bedanken.
Und die anderen? Ehrlich gesagt, werden sie wahrscheinlich in eine andere Gemeinde gehen, die auch nicht viele Menschen erreicht.
Ich gebe zu, dass diese Beurteilung ein wenig hart klingen mag, aber wir haben ein ziemlich schwerwiegendes Problem vor uns. Und elementare Probleme verlangen nach radikalen Lösungen.
Link zum originalen Artikel auf Englisch
Carey Nieuwhof ist Hauptpastor der Connexus Community Church of Toronto, Kanada und hält Vorträge auf Konferenzen und in Gemeinden zu den Themen: Leiter und ihre Führungsqualitäten, Familien, Kindererziehung und persönliche Wiederherstellung.