Ron Edmondson

Jeden Tag erhalte ich E-Mails von Mitarbeitern von Kirchen oder gemeinnützigen Organisationen. Normalerweise haben sie Fragen zum Aufgabenbereich und zur Qualifikation eines Leiters. Doch oft erreichen uns in Verbindung mit den Fragen auch Beschwerden über die eigenen Leiter. Und Beschwerden gibt es viele.

Ich habe seit über 25 Jahren Führungspositionen inne und deshalb weiß ich, dass man als Leiter oft mit Beschwerden zu tun hat. Wenn man eine Führungsrolle hat, wird man auch mit Beschwerden konfrontiert. Punkt. Man wird missverstanden. Punkt.

Aber: Kein Leiter ist vollkommen. Den perfekten Leiter gibt es nicht. Auch ich bin keiner. Und somit sind viele Beschwerden auch berechtigt.

Vor einigen Monaten begann ich, die am häufigsten geäußerten Beschwerden bezüglich Leitern einmal aufzuschreiben. Ich habe einige von ihnen unter bestimmten Oberpunkten zusammengefasst und kam so auf die 10 häufigsten Beschwerden über Leiter. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass ich mich nur in den Bereichen verbessern kann, von denen ich auch weiß, dass ich mich verbessern muss. Das musste ich mir wirklich bewusst machen.

Die 10 häufigsten Beschwerden über Leiter:

Kontrollierend: So mancher Leiter trifft Entscheidungen einfach selbst und verkündet sie auch. Und dabei lässt er sich von niemandem reinreden.

Sofort in Verteidigungsstellung: Wird so mancher Leiter hinterfragt, hinterfragt er sofort den Fragenden. Man kann mit ihm nicht über ein Problem reden. Er weigert sich zuzugeben, dass er falsch liegen oder etwas falsch laufen könnte. Als ob er nie Fehler machen würde.

Eingefahren:  Einige Leiter lieben ihre Arbeitsabläufe und Handlungsstrukturen so sehr, dass sie nie versuchen, die Dinge voranzutreiben und erst Änderungen vornehmen, wenn Umstände sie dazu zwingen. Sie lieben die Defensive und sind nicht offensiv genug.

Ängstlich: Mancher Leiter will kein Risiko eingehen, sei es, weil er es allen Leuten Recht machen will oder ihm der Glaube für etwas fehlt. Das kann das ganze Team lähmen.

Faul: „Tut nicht, was ich tue… tut, was ich sage. Denn ich werde nichts tun.“

Unberechenbar: Langeweile kommt nicht auf, allerdings nicht im positiven Sinne. So mancher Leiter ist eher inkonsequent und macht alle um sich herum nervös.

Nie zufrieden: Einige Leiter können einen Erfolg einfach nicht feiern, egal, was man schon erreicht hat. Sie fragen immer gleich: „Und was kommt als nächstes?“

Unklar: Wenn so mancher Leiter seine Anweisungen gibt oder eine Vision weitergibt, wird er nie ganz von den Leuten verstanden, die das Gesagte umsetzen sollen. Verwirrung führt immer zu Frustrationen.

Hochmütig: Für jedwede Anerkennung klopfen einige Leiter immer sich selbst auf die Schulter. Mehr muss man nicht sagen.

Unentschlossen: So mancher Leiter kann einfach keine Entscheidung treffen. Obwohl alle warten und warten und die Dinge zum Stillstand kommen.

Unkonzentriert und zerfahren: Einige Leiter sind immer so beschäftigt, dass diejenigen, die versuchen, ihnen zu folgen, immer das Gefühl haben, nie ihre volle Aufmerksamkeit zu haben.

Unecht: Das persönliche Leben einiger Leiter und ihre Persönlichkeit, mit der diejenigen zu tun haben, die ihnen nahe stehen, passen nicht zu der öffentlichen Person, die sie darstellen.

Vielleicht fragt ihr euch, welche Beschwerden davon auch an mich als Leiter herangetragen wurden? Nun, viele von ihnen und zwar zu unterschiedlichen Zeiten. Wenn ihr diejenigen befragen würdet, die ich anleite, würden sie wahrscheinlich sofort drei Punkte benennen können.

Nie zufrieden, unklar und unkonzentriert/zerfahren.

Auch wenn ich keine Probleme habe, Entscheidungen zu treffen, verliere ich mich doch schnell in Detailfragen, wenn ich zu viele Optionen haben. Dadurch erscheine ich dann unentschlossen.

Ich bin mir dieser Bereiche bewusst und versuche fortwährend, innerhalb meiner Leitungsaufgaben an ihnen zu arbeiten. Ein langwieriger Prozess.

Aus Sicht eines Leiters möchte ich noch ein Wort an diejenigen richten, die zu den Mitarbeitern eines Leiters gehören. Die genannten Beschwerden basieren oft auf falschen Rückschlüssen. Oftmals ist sich der Leiter überhaupt nicht bewusst, dass er so negativ von seinem Team wahrgenommen wird. Das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Und die meisten würden auch sofort versuchen, sich in den Bereichen zu ändern, die moniert werden – wenn sie sich der Bereiche bewusst wären.

Und ein Wort noch an die Leiter: Wir müssen daran arbeiten, uns bewusst zu werden, wie wir auf andere wirken, ohne dass es verbalisiert wird. Vielleicht stimmt die Wahrnehmung der Mitarbeiter gar nicht mit der Wirklichkeit überein, aber eine wahrgenommene Wirklichkeit kann ebenfalls  großen Schaden verursachen. (Einige Beschwerden, die über mich an mich herangetragen wurden, fallen auch in diese Kategorie der wahrgenommenen Wirklichkeit. Aber Wahrnehmung ist halt die Realität eines anderen.)

Wenn ihr euch unsicher seid, fragt. Gebt diese Liste einigen eurer Teammitglieder in die Hand und bittet sie um ihre Einschätzung, in welchen Bereichen ihr euch noch verbessern könntet. Es geht dabei nicht darum, dass sie sich beschweren sollen, sondern es geht um ihr ehrliches und für euch hilfreiches Feedback.

Also, liebe Leiter, Hand aufs Herz: Welche dieser Punkte würden auch bei euch moniert werden?

Live Forum“ mit Ron Edmondson in 2016:

Wie kann man Leitungspersönlichkeiten erkennen und fördern und gesunde Teams in der Lokalgemeinde aufbauen?

Info und Anmeldung für Speyer – Montag, 29. August 2016

Info and Anmeldung für Kreuzlingen – Mittwoch, 31. August 2016

Ron Edmondson ist Pastor und Gemeindeleiter.  Sein Herz brennt für  Gemeindegründungen. Er verhilft Gemeinden zu neuem Aufschwung und berät Pastoren und Gemeindeleiter, wenn es um Fragen von Leitungskompetenzen, Strategien und Alltagsbewältigung geht. Ron war mehr als 20 Jahre mit einem eigenen Unternehmen in der Wirtschaft tätig. Seit über 10 Jahren berät er nunmehr hauptberuflich Kirchengemeinden, siehe www.ronedmondson.com/