Dave Barringer

Heute Morgen bin ich tief traurig. Ich sitze in einem Café und mir kommen immer wieder die Tränen. Wahrscheinlich machen sich die Kunden und die Bediensteten bereits große Sorgen, da sie immer wieder in meine Richtung blicken.

Bis eben ging es mir noch gut. Aber als ich mich hinsetzte und Artikel über den Rücktritt eines von mir sehr geschätzten Pastors las, haben mich meine Gefühle überwältigt. Bereits gestern wurde mir davon direkt nach einem großartigen Gottesdienst erzählt.

Vielleicht ist in den letzten 24 Stunden der anfängliche Schock gewichen.
Vielleicht werde ich mir gerade meiner eigenen Menschlichkeit bewusst.
Vielleicht ist meine Liebe zur Gemeinde so groß, dass ich gerade JEDEN Bereich meines Lebens überprüfend betrachte, ob Christus und sein Reich wirklich überall sichtbar sind.

(Gerade ging ein Junge vorbei und schaute mich seltsam an… ehrlich, als ich von zu Hause wegfuhr, ging es mir noch gut.)

Immer, wenn ich mich darum bemühe, etwas im Zusammenhang zu verstehen, schreibe ich  Tagebuch, manuell oder am PC. So verarbeite ich meine Gedanken. Warum? Weil die Menschen, die immer alles gleich in den sozialen Netzwerken verbreiten, sich zu sehr verletzbar machen. Und das kann dann zu einer Eskalation der Situation führen und bringt die Dinge mehr durcheinander, als es helfen würde.  (Ich empfehle euch wirklich, auch ein Tagebuch zu führen, um eure Gedanken und auch eure Gefühle zuerst selbst zu reflektieren. So schützt ihr euch und eure Freunde.)

Der Pastor, um den es geht, kennt mich nicht wirklich. Wir haben einige Male hin- und her getwittert, aber das macht uns nicht gleich zu guten Freunden. Mich hat es sehr inspiriert, wie Gott ihn in seinem Reich eingesetzt hat. Und die Gemeinde, der er vorsteht, hat mich immer sehr herausgefordert. Bis heute. Aus Respekt werde ich hier nicht seinen Namen oder den seiner Gemeinde nennen…

Doch meine tiefe, innere Bestürzung ist nicht nur auf seinen Rücktritt zurückzuführen. Auch bei anderen Pastoren, die diesen Schritt gehen, ergreift mich IMMER die gleiche Trauer. Pastoren sind mir ans Herz gewachsen. Auch ich lag als Pastor schon einmal am Boden. Doch ich bin noch hier, weil es Männer und Frauen gab, die mich nicht in dem Zerbruch alleingelassen haben, sondern die sich meiner tiefen, innerlichen Verletzungen angenommen haben (Lukas 10,33-37).

Auch betrübt mich der Gedanke an die „fleischlich gesinnten Christen“, die das Blut im Wasser wittern. Es gibt Menschen, die sich genau nach solchen Momenten sehnen. Sie bemühen sich um öffentliche Aufmerksamkeit, indem sie nach schlechten Beispielen suchen, um sich selbstgerecht in den Vordergrund zu spielen. Sie sagen zwar, dass es um Gottes Reich ginge, doch in Wirklichkeit haben sie Christus und sein Wort in eine Schublade gepackt, um die herum sie nun ihr eigenes Reich bauen. Anstatt sich hinter diejenigen zu stellen, denen es nicht gut geht und anzufangen, in einer demütigen Haltung die eigenen Motive zu überprüfen, schließen sie die gefallenen Menschen aus und greifen sie sogar an. Natürlich kann jeder mit dem Finger auf andere zeigen. Wir alle neigen dazu. Und deshalb möchte ich auch JEDEN VON UNS , einschließlich meiner selbst, folgendes ans Herz legen…

„Meine Brüder und Schwestern: Das darf nicht sein!“ (Jakobus 3,10).

Deshalb habe ich einmal im Tagebuch-Stil folgende Schritte für mich festgelegt:

Wie sollte ein Pastor oder geistlicher Leiter reagieren, wenn sich sein Pastorenkollege verfehlt hat?

1 – Stelle dich hinter die, die gefallen sind. Der Feind wirkt durch Isolation. Gott wirkt in der Gemeinschaft. Wir sollten lieber zu denen gehören, die sich zu denen in den Schmutz setzen, die gefallen sind, als sich zu denen zu gesellen, die bereit sind, Steine zu werden (Johannes 8,1-11). Wir brauchen im Reich Gottes mehr Verteidiger und weniger Ankläger. Auch wenn ich vielleicht zu dem Pastor (oder anderen) keine persönliche Beziehungsebene habe, kann ich doch auf ihren Schmerz reagieren. Das bringt mich zu Punkt 2…

2 – Bete für die, die gefallen sind. Wenn ein Pastor Lebensbrüche erlebt, vielleicht eine zerbrochene Ehe oder Familie, dann muss man keine Details wissen, um für ihn beten zu können. Die Sensationsgier darf niemals größer sein als das Drängen, für jemanden zu beten. Lass den Heiligen Geist durch dich beten. Lass dir von ihm die richtigen Worte eingeben. Fange an zu beten, wenn er dich dazu drängt.

3 – Beende die Angriffe.  Mache den Entzündungsherd nicht noch größer, sondern sei wie eine heilende Quelle. Die Reaktion des Barmherzigen Samaritaners war vorbildlich: Er goss Öl und Wein auf die Wunden. Durch das Öl wurde der Schmerz gelindert. Und der Wein hatte eine antiseptische Wirkung und verhinderte weitere Entzündungen. Nimm dir diese Vorgehensweise als Vorbild.

4 – Bleibe demütig und lernfähig. Solche Ereignisse sollten uns Demut lehren. Wir dürfen nicht vergessen, dass niemand von uns vor Versuchungen gefeit ist. In der Bibel lesen wir viele Beispiele, wo sich Männer und Frauen verfehlt haben. Und bei den meisten von ihnen (wenn nicht bei allen) ereigneten sich solche Vorfälle in Zeiten der Isolation, des Hungers und/oder der Erschöpfung. Deshalb mein Appell an alle Verkündiger des Evangeliums (eine Botschaft, die ich gerne an Pastoren richten würde):

  • Auferlege dir selbst eine Rechenschaftspflicht. Ich mag unseren Gemeindevorstand (auch wenn ich nicht immer gut rüberbringen kann, wie sehr ich die derzeitigen Vorstandsgeschwister und auch die früheren für ihren Einsatz, ihre Weisheit und auch ihre Einsichten schätze. Sie sind gesegnete Männer und Frauen Gottes und ich bin sehr dankbar für sie.)  ABER, du brauchst dringend Leiter, die sowohl gerade IN Kämpfen stecken als auch solche, die diese Kämpfe schon HINTER sich haben. Umgib dich mit Mentoren, wie Paulus einer war und auch mit gleichgestellten Kollegen, wie Barnabas, und gib ihnen die Erlaubnis, in ALLE Bereiche deines Lebens mit hineinzusprechen, einschließlich Ehe und Familie.
  • Bleibe belehrbar. Lerne von anderen und zwar unabhängig von ihrem Alter, ihrer Denomination oder des Ausmaßes ihres Dienstes.
  • Hüte dich vor dem Vergleichen und halte dich von einer kritischen Grundeinstellung fern.
  • Verbreite keinen Klatsch und Tratsch, die als Gebetsanliegen verkleidet sind.
  • Versorge dich auch im geistlichen Bereich mit ausreichend Nahrung. Verbringe Zeit mit dem Wort Gottes. Verbringe Zeit in der Anbetung. Höre Podcasts.
  • Habe ausreichend Ruhezeiten. Achte auf deine Schlafgewohnheiten. Gehe mit deinem Ehepartner aus. Verbringe Zeit mit deinen Kindern. Mache ohne Schuldgefühle Urlaub. Zeiten der Ruhe können für deinen Dienst sehr fruchtbar und bereichernd sein.

Würdest du dir heute Zeit nehmen, für Pastorenkollegen zu beten? Wenn du gerade MIT Versuchungen zu kämpfen hast, würdest du mit jemandem darüber reden? Wenn du niemanden hast, würde ich sehr gerne für dich beten. Schreibe mir gerne eine Nachricht oder kontaktiere mich über Facebook oder Twitter. Du stehst nicht alleine da.

Es muss uns immer um das Reich Gottes gehen. Und das geht nicht, wenn wir uns selbst gegenseitig zerfleischen. Doch das Reich Gottes ist da, wo wir Zerbrochenes verbinden und Verletzungen lindern. Und diejenigen, die wir anleiten, werden unserem Beispiel folgen.

Dave Barringer ist Hauptpastor der First Assembly in Portage, Michigan. Dave’s Blog