Matthias Theis

Ihr habt die Uhren, wir haben die Zeit! Das könnte die Aussage eines Fremdsprachigen in der Schweiz sein. Die westlichen Länder sind längst zu multiethnischen Nationen geworden, mehr oder weniger gewollt. Gerne betonen Christen dabei euphorisch, dass die Missionsfelder zu uns gekommen sind. Unterschiedlichen Kulturen in einer Gemeinde eine geistliche Heimat zu geben, ist dabei ohne Zweifel Teil des Herzens Gottes. Schon Paulus sagte damals zu den zerstrittenen Juden und Heiden, dass durch Jesus Christus die Barrieren der Feindschaft heruntergerissen wurden (Epheser 2,14)

Diese geistliche Realität zeigt sich in der Praxis jedoch als herausfordernd. Während es kein Problem ist, laut zu bezeugen, dass wir in Christus eins geworden sind, stellen sich spätestens im Gemeindebau praktische Fragen: Wie weit muss der kulturelle Hintergrund im Gemeindealltag berücksichtigt werden? Ist es möglich, Menschen aus anderen Kulturen für Christus zu gewinnen, ohne ihre Kultur wirklich zu verstehen? Wie geht man mit den Gegensätzlichkeit um? Hier ein paar Schlüssel, welche hilfreich sein können, eine interkulturelle Gemeinde zu bauen:

Die Gemeindeleitung braucht eine feste Überzeugung und eine Vision, das überhaupt zu wollen. Der Weg ist nicht einfach und viele Gemeinden wählen den einfacheren Weg, lediglich ihre Räumlichkeiten anderen ethnischen Gruppen zu überlassen.

Der für die Fremdsprachigen eingesetzte Leiter (vgl. Apostelgeschichte 6,5) muss mehrere Bedingungen erfüllen: Er muss nebst den geistlichen Qualifikationen den Spagat zwischen zwei Kulturen schaffen – also in beiden Kulturen mit ihren Werten heimisch sein. Es sind Strukturen erforderlich, welche beides ermöglichen: die Vernetzung mit anderen und auch den gelebten Glauben in der eigenen Muttersprache, beispielsweise durch Kleingruppen.

Das gesamte Team benötigt eine Bereitschaft, miteinander zu arbeiten, Differenzen auszuhalten und daraus zu lernen.

Jack Hayford erwähnte in einem Seminar: Eines der größten Probleme in Gemeinden ist der Rassismus. Die Gemeinde Jesu braucht auch in einer durch Migrationsströmen verunsicherten Gesellschaft eine riesige Liebe, um Menschen nicht gemäß ihrer Herkunft zu sehen, sondern schlicht aufgrund ihres Menschseins. Für jeden hat Jesus sein Leben gelassen (Johannes 3,16).

So sehr es die Liebe der einheimischen Geschwister zum Ausländer braucht, so braucht es auch den aktiven Integrationswillen des Fremdsprachigen. Dies bezieht sich nicht nur auf die geistliche Dimension, sondern auch auf die Sprache und im gewissen Maß auch auf die Kultur. Paulus macht dieses Dankbarkeits- und Abhängigkeitsprinzip deutlich, als er die Dankbarkeit der Heiden gegenüber den Juden anspricht (Römer 11,18).

Es ist ein so lohnender Weg, ja ein fruchtbarer Weg! Als Gemeinde wären wir nicht, was wir sind, gäbe es nicht die Vielfalt an Farben und Persönlichkeiten (und Vielfalt an kulinarischen Erlebnissen!!!) durch die verschiedenen Kulturen. Mit Gottes Augen gesehen widerspiegelt dies die enorme Kreativität und Vielfalt Gottes! Das ist ein kraftvolles Zeugnis an diese Welt! Es ist eine Chance, welche Gemeinden wo immer möglich nuten sollten.

Matthias Theis, Gemeindeleiter des Christlichen Zentrums Buchegg und Silbern. FLG hat vom Autor des Artikels und  INSPIRATION die Genehmigung zur Veröffentlichung dieses Artikels erhalten. INSPIRATION ist eine verkürzte Version der Zeitschrift ENRICHMENT, die von den Assemblies of God, USA, herausgegeben wird. INSPIRATION dient den Bedürfnissen von deutschsprachigen Pastoren und stellt theologisch-biblisch relevante, up-to-date Artikel für die Arbeit von Gemeindeleitern und Pastoren zur Verfügung. http://enrichmentjournal.ag.org/International/German/index.cfm