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Der nebenamtliche Dienst als Pastor

Chris Rainey

Nebenamtliche Pastoren haben mindestens zwei Jobs und arbeiten üblicherweise 30 bis 40 Stunden im säkularen Bereich und 25 bis 30 Stunden in der Gemeinde. Mit diesem Arbeitsplan stehen nebenamtliche Pastoren vor der Herausforderung, zwischen dem Persönlichen, der Familie, den Gemeindenöten und den Anforderungen des säkularen Jobs das richtige Maß zu finden. Es ist für sie schwierig, an Pastorentreffen und anderen Veranstaltungen teilzunehmen und sie fühlen sich oft isoliert. Manche nebenamtliche Pastoren empfinden sich als minderwertig, weil sie nicht im hauptamtlichen Dienst tätig sind. Und doch bietet ein nebenamtlicher Pastor einer kleineren Gemeinde, die sich keinen hauptamtlichen Pastor leisten kann, einen wertvollen Dienst.

Das biblische Modell für einen nebenamtlichen Dienst

Es kann für nebenamtliche Pastoren hilfreich sein, das biblische Modell für den

nebenamtlichen Dienst zu verstehen. Als ich meinen nebenamtlichen Dienst begann, war mir nicht bewusst, dass ich eine ähnliche nebenamtliche Dienst-Strategie verfolgte, wie es Paulus während seiner anderthalb Jahre in Korinth (1. Korinther 9,7-15), seiner drei Jahre in Ephesus (Apostelgeschichte 20,32-35) und wahrend einer Zeit in Thessaloniki (1. Thessalonicher 2,9) tat. Sein Beruf war Zeltmacher.

Heute bezeichnen wir Menschen, die in einem Beruf arbeiten und einen nebenamtlichen Dienst ausüben als Zeltmacher. In Korinth lehrte Paulus die Gläubigen, dass ein Prediger das Recht hat, seinen Lebensunter- halt von der Verkündigung des Evangeliums zu bestreiten. Er selbst hat jedoch um des Evangeli- ums Willen auf dieses Recht verzichtet (Apg. 18,1-11). Damit hatte Paulus die Freiheit, das Evangelium zu predigen (1. Korinther 9,18), ohne für die Gemeinde eine finanzielle Last darzustellen (2. Korinther 11,9). Paulus vergleicht sein Verhältnis zu den Korinthern mit der Beziehung von Eltern zu ihren Kindern: „bereit, mich selbst und alles, was ich habe, für euch zu opfern“ (2. Korinther 12,15). Diese aufopfernde Haltung ist das Herz des nebenamtlichen Pastors. Mit wenig oder keinem Einkommen aus der pastoralen Position, arbeitet ein nebenamtlicher Pastor aus seiner aufopfernden Liebe heraus.

In Ephesus machte Paulus durch seinen nebenamtlichen Dienst die Worte von Jesus sicht- bar – „Geben ist seliger als nehmen“. Paulus sorgte selber für seinen Lebensunterhalt, um den Schwachen unter ihnen dienen zu können (Apostelgeschichte 20,32-35).

Paulus muss seine Zeltmachertätigkeit als Teil von Gottes Fürsorge betrachtet haben (Philipper 4,11-13). Für Paulus war sein Glaubensdienst nicht unvereinbar mit einer nebenamtlichen Dienst-Strategie. Obwohl Paulus das allgemeine Grundprinzip verstand – dass ein Verkündiger seinen Lebensunterhalt mit dem Verkündigen des Evangeliums bestreiten können sollte – hat er in manchen Situationen freiwillig darauf verzichtet.

Die Vorteile eines nebenamtlichen Dienstes

Die Tatsache, dass sie nicht mehr Zeit in ihren Gemeindedienst investieren können, kann nebenamtliche Pastoren entmutigen. Daher ist es hilfreich, die positiven Aspekte eines neben- amtlichen Dienstes zu beleuchten.

Die finanziellen Mittel einer kleinen Gemeinde

 Ein nebenamtlicher Dienst in einer Gemeinde mit beschrankten finanziellen Mitteln gibt Pastoren die Möglichkeit, ihre Familien mit einer Arbeit außerhalb der Gemeinde trotzdem zu versorgen. Der Pastor kann ein angemessenes Einkommen haben und die Gemeinde kann weiterhin das Evangelium in ihrem Umfeld verkündigen. Die Berufung des nebenamtlichen Pastors ist genauso gültig wie die eines Pastors im vollzeitlichen Dienst.

Eine willkommene Abwechslung zwischen der säkularen Arbeitsstelle und dem Dienst in der Gemeinde

In manchen Fällen zieht ein Pastor einen nebenamtlichen Dienst vor. Es kann sein, dass er eine bestimmte Fachkenntnis hat, die er gerne ausübt, auch wenn es keine Notwendigkeit gibt außerhalb des Gemeindedienstes zu arbeiten. Die Zeit, die ein Pastor an seiner säkularen Arbeitsstelle verbringt, hilft ihm in jedem Lebensbereich eine gesunde Perspektive zu erhalten.

Gelegenheiten für persönliche Evangelisation und den Dienst an Menschen

Manche Pastoren haben einen sehr limitierten Kontakt mit Ungläubigen. Eine säkulare Arbeit bietet die Gelegenheit, Menschen kennenzulernen, die sonst nie in Kontakt mit einer Gemeinde kommen würden. Pastoren mit einer säkularen Arbeitsstelle können ihren Gemeinden einen evangelistischen Lebensstil vorleben.

Die Perspektive eines Laien

Nebenamtliche Pastoren sehen gemeinschaftliches Leben aus der Perspektive eines Laien. Das kann sich in der Relevanz der Predigten äußern. An einer säkularen Arbeitsstelle wird der Pastor die wahren Zustände der Welt und die dringendsten Nöte seiner Umgebung wahrnehmen. Indem ein nebenamtlicher Pastor in seinen Predigten Beispiele aus der säkularen Arbeitswelt integriert, kann er seiner Gemeinde durch echte Lebenssituationen zeigen, wie sich der Glaube anwenden lässt.

Die Nachteile eines nebenamtlichen Dienstes

 Zeitliche Einschränkungen

Der nebenamtliche Dienst schränkt die Zeit ein, die ein Pastor mit der Predigtvorbereitung, Administration, dem Besuchsdienst, seiner Familie, Erholung und Sport verbringen kann. Wegen diesen zeitlichen Einschränkungen haben nebenamtliche Pastoren gerade genug Zeit, das Minimum an Arbeit zu bewältigen, worunter ihre Gemeinden leiden können.

Pastoren im Nebenamt werden ihre Zeit gut einteilen und priorisieren müssen, um sie weise zu nu en. Obwohl eine Gemeinde klein ist, kann ein Pastor einige Verantwortungen an Gemeindemitglieder delegieren. Es lohnt sich, Laienleiter auszubilden. Wer ein Dienst Team aufbaut, auch wenn es nur aus einer oder zwei Personen besteht, macht sich die Last leichter und zeigt den Mitgliedern, dass jeder daran beteiligt sein kann, den Leib Christi zu bauen.

Anliegen betreffend der säkularen Arbeitsstelle

Oft fuhren die beschrankten beruflchen Fertigkeiten eines Pastors zu einem unbefriedigenden Zweitjob. Im Gegenzug haben manche Pastoren in der säkularen Arbeitswelt attraktive Stellen mit guten Löhnen und Zusatzleistungen. Die zweite Situation kann die Hingabe eines Pastors zu seiner Berufung auf die Probe stellen. Da ich Erfahrung mit beiden Arbeitssituationen habe, empfehle ich nebenamtlichen Pastoren eine Arbeitsstelle zu suchen, welche die nötige Flexibilität bietet, um der Berufung im Gemeinde- dienst gerecht zu werden und auch um für Notfälle in der Gemeinde verfügbar zu sein.

Hohe Anforderung an den Ehepartner und die Familie

Weil die nebenamtlichen Pastoren oft nicht verfügbar sind, passiert es schnell, dass ihre Ehepartner zu viel Verantwortung in der Gemeinde übernehmen. Da sich unser Gemeindebüro in unserem Haus befand, beantwortete meine Frau in meiner Abwesenheit alle Gemeindetelefonate und versuchte, auf Krisensituationen zu reagieren. Die administrative Arbeit blieb auch oft an ihr hängen. Zunächst hatte sie an ihrem Anteil des Dienstes Freude, aber mit der Zeit ärgerte sie sich über die Gemeindemitglieder, die sie als Hauptansprechpartner in Gemeinde Angelegenheiten betrachteten. Sie fing an, die Gemeindemitglieder an mich zu verweisen, auch wenn ich nicht sofort erreichbar war.

Gerade wegen ihren zeitlichen Einschränkungen müssen nebenamtliche Pastoren die Zeit einplanen, die sie mit ihren Ehepartnern und Kindern verbringen wollen. Auch wenn die dringenden Nöte des Dienstes nach Aufmerksamkeit schreien, ist Familienzeit im Leben eines nebenamtlichen Pastors eine Priorität.

Das Empfinden ein Pastor zweiter Klasse zu sein

Weil Pastoren im Nebenamt kaum an den Pastorentreffen teilnehmen können, fühlen sie sich oft als Mitglieder zweiter Klasse in der Pastorengemeinschaft. Es ist jedoch wichtig, dass nebenamtliche Pastoren die Zeit für diese sehr notwendige Gemeinschaft finden und ein Bewusstsein für ihr Dasein und ihren Dienst schaffen.

Wenn du den Kontakt zu den Pastoren in deiner Gegend suchst, werden ihnen deine Nöte bewusst. Möglicherweise waren früher selber einige Pastoren in deiner Situation. Ihr weiser Rat kann dir in dieser Zeit deines Dienstes behilflich sein. Wenn du dich um Kontakt bemühst, wirst du überrascht sein, wie Gott die Türen zur Gemeinschaft mit anderen Pastoren öffnet.

Legitime Strategien für einen nebenamtlichen Dienst

Obwohl Paulus den nebenamtlichen Dienst legitimiert, brauchte er dieses Model während der Gemeindegründungsphase. Wir täten gut daran, eine ähnliche Strategie für unsere Gemeindegründungen zu prüfen. Es gibt zusätzlich zur Gemeindegründen andere Situationen, für die sich der nebenamtliche Dienst eignet. Der nebenamtliche Dienst kann beispielsweise für eine schrumpfende Gemeinde, für Gemeinden in wirtschaftlich schwachen Regionen oder für einen Mitarbeiter in einer wachsenden Gemeinde an einem Wendepunkt eine gute Wahl sein.

Der nebenamtliche Dienst sollte gegenüber dem hauptamtlichen Dienst nicht als zweitranging betrachtet werden, da es viele Situationen gibt, in denen ein nebenamtlicher Pastor einen Dienst angemessenen erfüllen kann. Ein Pastor, der von der finanziellen Entlohnung seiner Lokalgemeinde leben kann, bleibt die neutestamentliche Norm das Ideal. Ein nebenamtlicher Dienst kann jedoch das Werk des Reiches Gottes in angemessenen Situationen fördern. In diesen Fällen sollte es als legitime Strategie angesehen werden.

CHRIS RAINEY diente während sieben Jahren nebenamtlich als Gemeindegründer und ist zur Zeit nebenamtlicher Pastor in der Englewood Assembly of God in Englewood, New Jersey, USA.FLG hat vom Autor des Artikels und  INSPIRATION die Genehmigung zur Veröffentlichung dieses Artikels erhalten. INSPIRATION ist eine verkürzte Version der Zeitschrift ENRICHMENT, die von den Assemblies of God, USA, herausgegeben wird. INSPIRATION dient den Bedürfnissen von deutschsprachigen Pastoren und stellt theologisch-biblisch relevante, up-to-date Artikel für die Arbeit von Gemeindeleitern und Pastoren zur Verfügung. http://enrichmentjournal.ag.org/International/German/index.cfm [1]