Menschen sehen zu ihren Leitern auf, wenn es gilt, organisatorische Probleme zu lösen. Versagt der Leiter beim Lösen eines Problems, wird er schnell als schwach oder unfähig abgestempelt. Jedoch liegt es nicht im besten Interesse eines jeden, dass der Leiter anfängt, Dinge in Ordnung zu bringen, wenn der Weg dorthin noch gar nicht klar ist. Aber wie kann ein Leiter am besten ausdrücken: „Ich weiß noch nicht, was ich als Nächstes tun soll“, ohne unentschlossen zu wirken?

Leiter werden täglich mit Problemen konfrontiert und sollen sie lösen. Viele dieser Probleme beinhalten klare Beschreibungen und erprobte Lösungen, die schon in der Vergangenheit verlässlich gewirkt haben. Der Leiter kann sie einfach aufgreifen und wieder Ordnung herstellen und Vertrauen in seine Leiterschaft erwecken. Problem gelöst. Jeder ist glücklich.

Bei anderen Gelegenheiten ist es vielleicht nicht so leicht, das Problem klar darzustellen oder eine erprobte Lösung anzuwenden.  In diesen Situationen müssen Leiter und Leute eine Pause einlegen und zusammen nach einem Weg suchen. Leiter fürchten manchmal, als schwach und unfähig abgestempelt zu werden. Sie fühlen sich gezwungen vorzugeben, mehr zu wissen, als sie in Wirklichkeit tun. Dies kann zu voreiligen Aktionen führen. Eine vorschnelle Handlung kann zukünftige Möglichkeiten beschränken und dies könnte der gesamten Gemeinde schaden.

Schau dir die folgenden 7 Möglichkeiten an, wie du Vertrauen in deine Leiterschaft erwirken kannst und gleichzeitig zugibst, dass du die Lösung für das Problem noch nicht hast:

1 Beanspruche, was schon bekannt ist über die Situation. Mach nicht den Fehler und warte, bis die Situation klarer wird, um darüber zu reden. Vielleicht hast noch keine klare Definition für das Problem oder eine erprobte Lösung, aber du kannst schon die Symptome erkennen und die Auswirkung des Problems auf die Leute. „Seit letztem Jahr kommen zwanzig Prozent weniger Besucher in den zehn Uhr Gottesdienst. Unsere Energie im Lobpreis hat erkennbar abgenommen, was vielen von uns Sorge bereitet.“ Wenn du zugibst, dass ein Problem existiert und du das den Leuten auch sagst, macht es sie sicher, dass du die Führung hast.

Drücke echtes Interesse und Fürsorge aus. Manchmal versuchen Leiter, unbesorgt dreinzuschauen und wirken dabei aber desinteressiert und gleichgültig, als ob, was immer als nächstes passiert, eh in Ordnung geht. Der Leiter muss echte Betroffenheit gegenüber den Leuten und dem Problem vermitteln. „Ihr sollt wissen, dass das Mitarbeiterteam, der Vorstand und ich uns um alles kümmern. Ich nehme unser gemeinsames Lobpreis-Leben sehr ernst und ich werde selbstverständlich Schritte unternehmen, sobald wir dieser Schritte sicher sind.“ Die Leute respektieren den Leiter, der sagt: „Ich weiß die Antwort wirklich nicht, aber ich bin bereit, mit euch hier zu stehen in der Sorge um unser gemeinsames Nicht-Wissen.“

3 Sei dir im Klaren, was du nicht tun wirst. Du weißt vielleicht nicht, was als Nächstes passieren wird, aber du weißt wahrscheinlich, was „vom Tisch“ ist. Was kommt sicher nicht in Betrachtung? All jene Dinge, die im Widerspruch stehen mit der Identität oder den Werten der Gemeinde. Sag den Leuten, wo die Grenzen sind – was du nicht tun wirst, nur damit eine leichte Lösung zustande kommt. „ Seid versichert, dass alle Schritte, die wir machen, unsere Hingabe zu musikalischer Vortrefflichkeit nicht beeinträchtigen werden.“

4 Nenne die konkurrierenden Werte. Große Probleme bringen immer eine Spannung zwischen den Werten mit sich. Konkurrierende Vorlieben können nicht einfach miteinander in Einklang gebracht werden. „Wir wollen für unterschiedliche Lobpreis-Möglichkeiten sorgen, um den Nöten unserer Gemeinde zu begegnen. Aber wir schätzen auch die Einzigartigkeit unserer Erfahrung im Lobpreis. Wir mögen es, wenn am Sonntagmorgen alle in einem Raum zusammen sind.“ Die Leute werden die Komplexität dieser Angelegenheit verstehen, wenn du die Spannungswerte benennst. Gleichzeitig zeigst du ihnen, dass du sie verstehst.

5 Erzähle eine Geschichte. Die Menschen lieben Geschichten. Geschichten übermitteln tiefe Wahrheiten, die ansonsten schwer zu vermitteln wären. Erzähle der Gemeinde eine ihrer eigenen Geschichten von einer vergangenen Zeit, als der Weg nach vorne auch nicht klar war. Hilf ihnen zu erkennen, wie es das Beste war zu beobachten und zu lernen, damals wie heute. Erzähle ihnen eine Geschichte von deiner eigenen Reise als Leiter, die illustriert, wie wichtig es ist, auf den richtigen Zeitpunkt zu warten. Wähle eine biblische Geschichte aus, die zum gegenwärtigen Dilemma spricht und lade die Leute ein, darüber nachzudenken, wie die biblische Geschichte ihrer eigenen Geschichte zugrunde liegt.

6 Stelle gute Fragen. Gute Fragen wecken Vertrauen in deine Leiterschaft. In Engaging Emergance (Engagierende Entstehung) formuliert die Autorin und Beraterin Peggy Holman zahlreiche möglichkeitsorientierte Fragen, die einer Organisation helfen können klarzustellen, was bei einer Infragestellung der Leiterschaft herauskommen soll. Hier sind einige der einschneidendsten Fragen:

  • Was wollen wir bewahren?
  • Wovon wollen wir mehr?
  • Was hält uns bei der Sache?
  • Was leitet uns, wenn wir nicht weiter wissen?
  • Welche Frage, sei sie gestellt oder beantwortet, würde in dieser Situation einen Unterschied machen?
  • Was können wir gemeinsam tun, das keiner von uns allein tun könnte?
  • Wie können wir festhalten, was gerade im Entstehen ist?
  • Was ist als Nächstes möglich, von dem ausgehend, was gerade geschieht?

7 Lade die Leute ein, eine Haltung des Staunens einzunehmen. Manchmal ist Staunen ein Willensakt. Wir müssen uns dazu entschließen, nicht von Sorgen gefangen genommen zu werden und unseren Drang, alles wissen zu wollen, zu verteidigen und zu erstreben, zur Seite legen. Stattdessen sollen wir bereitwillig annehmen, dass wir nicht wissen, was als nächstes passieren wird. Wir kümmern uns um alles, das entsteht und geben der Störung nach, die uns das Problem gebracht hat. In diesem Zustand des aktiven Staunens sind wir offener zum Lernen, für göttliche Leitung und für neue Möglichkeiten.

„Ich weiß nicht“ zu sagen, ist für einen Leiter kein Zeichen der Schwäche. Es ist ein ehrliches Eingestehen, dass es mehr Lernen braucht, bevor eine Handlung gesetzt werden kann. Deine Leiterschaft kann Vertrauen erwirken und gleichzeitig Raum schaffen für Nicht-Wissen. Wenn du das nächste Mal einer Entscheidung zum Handeln unsicher gegenüberstehst, ziehe in Erwägung, „Ich weiß nicht“ zuzugeben – aber tu es mit Zuversicht.

Hier findest du den Originalartikel vom 23. September 2019.

Susan Beaumont ist Beraterin und Coach, spezialisiert auf die einzigartige Dynamik großer Gemeinden, mit Blick auf Teamdynamik. Susan ist die Autorin von „How to Lead When You Don’t Know Where You’re Going“ (Wie soll man leiten, wenn man nicht weiß, wohin es gehen soll) und „Inside Large Organizations“ (Innerhalb großer Organisationen).