Neustart oder Revitalisieren einer bestehenden Gemeinde ist ein riesiges Unterfangen. Aber wenn es gut gemacht wird, lohnt es sich sehr.
Es heißt, es sei leichter, ein Baby zu bekommen als Tote zum Leben zu erwecken.
Das ist einer der Gründe, warum viele Pastoren lieber eine neue Gemeinde gründen als eine bestehende zu retten. (Andere Gründe betreffen die Bedeutung von frischen, neuen Gemeinden und natürlich so ein kleines Etwas wie Gottes Ruf.)
Aber die meisten Pastoren sind nicht dazu berufen, Gemeinden zu gründen. Wir sind dazu berufen, uns in bestehende Gemeinden zu investieren. Viele Male befinden sich diese Gemeinden in verschiedenen Abstufungen von Krankheit und erfordern einen massiven Rettungsaufwand – die Auferstehung, die ich in meinem Eröffnungssatz erwähnte. Ein anderes Mal können wir einer relativ gesunden Gemeinde in einem Revitalisierungsprozess zu einer Turboförderung verhelfen.
In diesem Artikel verwende ich abwechselnd Neustart oder Revitalisieren, wobei es feine Unterschiede gibt, die variieren, je nachdem, mit wem man spricht. Aber ich verwende sie, um einen Prozess zu beschreiben, der folgende Elemente enthält:
- Es verursacht eine große Veränderung in der Art, wie sich eine Gemeinde selbst leitet.
- Es geschieht in einer relativ kurzen Zeit.
- Die Veränderung ist offensichtlich und erkennbar.
- Entweder dreht die Veränderung die negative Richtung der Gemeinde um oder sie beschleunigt ihre positive Richtung.
Wie auch immer man es nennt, unsere Gemeinde ist in den letzten 26 Jahren viermal gemeinsam durch einen Neustart oder eine Revitalisierung hindurchgegangen. Ich habe dabei gelernt, dass man neun grundlegende Fragen stellen und beantworten muss, in wie weit dieser riskante Schritt zum Erfolg führen wird.
- Ist ein Neustart notwendig?
Das ist die erste und zugleich wichtigste Frage: Nicht jede Gemeinde braucht eine Revitalisierung. Nicht einmal Gemeinden, die nicht größer werden oder schon eine lange Zeit keine größeren stilistischen Veränderungen gemacht haben. Beim Neustart geht es nicht darum, neuen Trends nachzulaufen oder die Kirchenbänke mit mehr Leuten zu füllen, sondern es geht darum, gesund und effektiv in dem Dienst zu bleiben, zu dem man von Gott berufen wurde.
Eine Gemeinde neu zu starten nur um der Veränderung willen ist immer dem Untergang geweiht. Etwas wie eine Revitalisierung sollte nur durchgeführt werden, wenn es notwendig ist, um mit dem von Gott gegebenen Auftrag Schritt zu halten. In vielen, vielleicht den meisten Gemeinden bedeutet das eine Revitalisierung wenigstens jedes Jahrzehnt oder so. Aber in vielen Fällen, wie in kleineren Städten oder Gemeinden mit älteren Mitgliedern, oder Gemeinden, die schon Spaltungen erlebt haben, mag es wichtiger sein, beständig zu bleiben als alles durcheinander zu schütteln.
Der Auftrag und die Zielsetzungen sollten uns in allem, was wir tun, leiten.
- Hat der Pastor das Vertrauen der Gemeinde?
Ein Revitalisieren einer Gemeinde ist ein riesiges Unterfangen. Außer in sehr extremen Umständen sollte es nicht von einem neuen Pastor durchgeführt werden. Und es kann ganz sicher nicht von einem Pastor durchgeführt werden, der die Unterstützung der Gemeinde verloren hat. Es braucht nämlich ziemlich viel Kapital an Beziehung und Leiterschaft, um die Arbeit zu erledigen. Sei sicher, dass du das Kapital in der Bank hast, bevor du anfängst, davon Abhebungen zu machen.
- Sehen, die Leiter eine Notwendigkeit dafür?
Ein Pastor kann das nicht allein machen. Es braucht die Zustimmung von den Schlüsselpersonen in der Leiterschaft – sowohl offiziellen als auch inoffiziellen. Wenn die Leiter in den Schlüsselpositionen die Notwendigkeit einer Kehrtwendung nicht sehen, wird es unmöglich sein, sie durchzuziehen. Auch wenn sie so etwas sagen wie „Ich sehe keine Notwendigkeit dafür, aber ich werde es unterstützen“, wird es nicht genügen, sie an Bord zu halten.
Zudem je kleiner die Gemeinde ist, desto weniger Leute, die den Neustart nicht unterstützen, braucht es, um ihn zu umzubringen. Es braucht vielleicht einige Zeit, um die die Schlüsselpersonen an Bord zu bringen, aber die Zeit ist gut eingesetzt. Ansonsten brauchst du es gar nicht auszuprobieren.
- Wollen die Leute es?
Wenn du sicher bist, dass die Leiter die Notwendigkeit sehen, müssen auch die regulären Mitglieder den Willen zum Mittragen haben. Das bedeutet, zu der ganzen Gemeinde ehrlich zu sein und nicht nur die Segnungen aufzuzeigen, die ein Neustart bringen würde, sondern auch die Herausforderungen, denen ihr gegenüberstehen würdet. Wenn du ihre Zustimmung nur dann erhältst, wenn du ihnen den Himmel auf Erden versprichst, werden sie verschwinden, sobald die Aufgabe hart wird – was sie werden wird, und zwar rasch.
- Kannst du ein Übergangsteam zusammenstellen?
Schau dich um in der Gemeinde. Hast du zusätzlich zum Einverständnis der Leiterschaft auch eine Handvoll Leute, die nicht nur mit neuen Ideen daherkommen, sondern auch die Last der Arbeit mittragen wollen? Du wirst Leute brauchen, die kreativ sind, zusammenarbeiten wollen, viel Zeit aufbringen und sich anpassen können, wenn Situationen sich verändern.
- Bist du bereit und in der Lage, die nötige Zeit und Energie zu investieren?
Ein Neustart fordert seinen Tribut von dem Pastor, der ihn leitet – emotional, geistlich und sogar körperlich. Wenn du ohnehin schon mit 90 oder 100 Prozent (oder mehr) unterwegs bist, wirst du trotzdem wenigstens 10 Stunden pro Woche von deinem wöchentlichen Terminplan für die Dauer des Revitalisierungsprozesses freihalten müssen.
- Weißt du, was verändert werden muss?
Wenn die wichtigste Frage lautet, ob ein Neustart notwendig ist oder nicht (s. Punkt 1 oben), dann ist das die zweitwichtigste Frage. Zu wissen, dass etwas nicht passt, ist ein Anfang, aber das ist nicht genug. Du musst eine Ahnung haben davon, was verändert werden muss. Die Details wird man sicher im Laufe des Geschehens anpassen, aber auch der großartigste Revitalisierungsplan der Welt wird die Gemeinde nicht weiterbringen, wenn die notwendigen Veränderungen nicht gemacht werden.
Der einzige Weg draufzukommen, was Veränderung braucht, ist, dass man aufhört zu denken, die Gemeinde sei eine Serie von Veranstaltungen, Methoden und Programmen. Stattdessen muss man sich einige wichtige Fragen stellen, wie zum Beispiel:
- Wozu gibt es unsere Gemeinde überhaupt?
- Wie gut bewältigen wir ihren Auftrag?
- Und was müssen wir ändern, damit dieser Auftrag wieder die zentrale Stelle einnimmt?
- Bist du bereit, ein paar heilige Kühe zu schlachten?
Es ist leicht, kluge Witze zu machen wie „Aus heiligen Kühen werden leckere Hamburger.“ Aber es ist tatsächlich etwas anderes, deine geliebten Ideen zu opfern. Aber das müssen wir. Wir alle müssen das. Und wir müssen anfangen damit, Pastor. Bevor wir unserer Gemeinde nahelegen, ihre heiligen Kühe aufzugeben, müssen wir uns selber fragen, welche wir bereit sind zu opfern. Wie auf jedem anderen Gebiet der Leiterschaft wird unser Beispiel lauter reden als unsere Worte.
- Weißt du, worauf du hinauszielst?
Das bezieht sich auf den Punkt #7: Weißt du, was verändert werden muss? Aber es braucht noch einen weiteren Schritt. Du musst eine Vorstellung davon haben, wohin euch ein Neustart bringen soll.
Du brauchst kein genaues Bild. Eigentlich ist es besser, wenn du keines hast. So bleibst du offen für neue Ideen und Veränderungen. Aber wenn du gar keine Vorstellung hast, wie deine angestrebte Zukunft aussehen soll, wirst du auch keine Idee haben für die Richtung, in die es gehen soll.
Du kannst es schaffen.
Eine bestehende Gemeinde zu revitalisieren, ist eine der härtesten Aufgaben, die ein Pastor jemals auf sich nehmen muss. Aber wenn sie gut gemacht wird, ist sie auch eine der lohnenswertesten. Es wird dich etwas kosten. Es wird Veränderungen geben, die du nicht erwartest. Einige davon werden dir nicht gefallen. Aber letzten Endes sind die Kosten, wenn alles gleich bleibt, weit höher als wenn du einen für die Gemeinde notwendigen Neustart durchführst.
Hier kann man den Originalartikel lesen!
Videos über die Vision von Karl Vaters finden sich unter seinem Namen auf YouTube. Mehr über Karl unter: NEWSMALLCHURCH.COM oder Besuche Karl’s Blog Pivot.