„Die Ortsgemeinde ist die Hoffnung der Welt und ihre Zukunft liegt in erster Linie in der Hand der Menschen, die zusammen in der Gemeinde mitarbeiten.“ (Ein Zitat von Bill Hybels in meinen eigenen Worten)
„Die Gemeinde ist die einzige Vereinigung in der Welt, die zum Wohle ihrer Nicht-Mitglieder besteht.“ (William Temple)
Bei jeder Gemeindegründung ist es mir sehr wichtig, auch die umliegenden Städte und Dörfer in der betreffenden Region zu erreichen. Ich denke viel darüber nach und bete darüber, wie mir das am besten gelingt. Während der ersten Monate unserer Gemeindegründung in Bregenz im Jahr 2016 sprach ich einmal mit Roland und Anna und erzählte ihnen, dass wir vorhatten, irgendwann und irgendwie eine Gemeinde im Bregenzerwald zu gründen. Jetzt, fünf Jahre später, hat sich ein starkes Team zusammengetan, dem der Bregenzerwald sehr am Herzen liegt, und ich hoffe, dass im April oder Mai die ersten Gottesdienste dort stattfinden werden. Ich bin immer wieder überrascht, wie Gott uns Männer und Frauen schickt, die es auf dem Herzen haben, sich durch neue Gemeinden nach den Verlorenen auszustrecken.
Vor vielen Jahren hörte ich einmal ein Zitat, das seither zu meinem Motto geworden ist: „Wenn Du möchtest, dass etwas eine Jahreszeit überdauert, dann pflanze eine Blume. Wenn Du möchtest, dass etwas eine Lebenszeit überdauert, dann pflanze einen Baum. Wenn Du möchtest, dass etwas eine Ewigkeit überdauert, dann pflanze eine Gemeinde.“
Der niederländische Theologe Stefan Paas schreibt: „So wie Martin Luther sagte, er würde noch einen Apfelbaum pflanzen, wenn Jesus am nächsten Tag käme, werden heute in Europa Gemeinden gegründet aus der tiefen Überzeugung heraus, dass nichts, das im Namen des Herrn getan wird, vergeblich ist. Die wahre Frucht eines Apfelbaums ist nicht der Apfel, sondern ein neuer Apfelbaum.“
Ich komme aus der Praxis und habe noch keine einzige Mega-Gemeinde gegründet. Aber darum geht es auch nicht. Als ich 26 Jahre alt war und Mechthild und ich erst 18 Monate verheiratet waren, lernten wir Fred kennen. Er war Pastor einer größeren Gemeinde in Saginaw, Michigan, und hatte es auf dem Herzen, in der Umgebung mehrere Tochtergemeinden zu gründen.
Seine Vision für Gottes Reich hat uns angesprochen, und so haben wir mit seiner Unterstützung in Freeland, Michigan, eine neue Gemeinde ins Leben gerufen, die bis heute besteht. In der Freeland Gemeinde, hatten wir eine Jugendgruppe, die von Zeit zu Zeit in den Park am Fluss ging und den jungen Menschen, die dort herumhingen und Drogen nahmen oder andere Dinge machten, vom Evangelium zu erzählen. Interessanterweise war Tom, der heutige Pastor der Gemeinde, einer der jungen Leute, denen sie Zeugnis gaben. Einige Jahre später vertraute er Christus sein Leben an. Manchmal braucht es Zeit, bis der Samen, den man ausgesät hat, aufgeht und wächst. Tom erzählte mir, wie wichtig es für ihn war, das Zeugnis der jungen Christen zu hören, auch wenn er damals noch nicht bereit war, sich für Jesus zu entscheiden
Für mich bedeutet die Gemeindegründung, Menschen von Jesus zu erzählen. Es geht nicht darum, die Masse zu erreichen. Durch die Gemeindegründung in Freeland, der viele weitere in Deutschland, zuletzt die Gemeinde in Bregenz, folgten, hat Jesus das Leben so vieler Männer und Frauen verändert! Und das nur, weil wir im Glauben den Schritt wagten, etwas Neues zu beginnen. Wenn ich darüber nachdenke, bin ich überwältigt von Freude!
Mir gefällt eine Geschichte, die Rick Warren erzählte. Sie trug sich kurz vor seiner Gründung der Saddleback-Gemeinde in Südkalifornien zu. Er hatte einen Makler mit der Suche nach einem Haus beauftragt, das er mieten konnte. Der Makler fragte ihn: „Was für eine Arbeit machst Du?“ Rick antwortete: „Ich gründe eine neue Gemeinde.“ Der Makler erwiderte: „Ich hasse Gemeinden.“ Rick sagte: „Genau solche Menschen wie dich wollen wir in unserer Gemeinde haben. Ich gratuliere dir – du kannst mein erstes Mitglied werden!“ Soweit ich mich erinnere, vertraute dieser Mann später Christus sein Leben an. Gemeindegründer müssen mutig sein! Und wir wollen gerade die Menschen erreichen, die Gemeinden sehr ablehnend gegenüberstehen.
Lukas in der Apostelgeschichte beleuchtet die Kämpfe, Herausforderungen und die oft resultierende Verfolgung, aber auch das Wachstum, die lebensverändernden Begegnungen und Freuden, die die einzelnen Gemeinden erleben. Gemeindegründungsinitiativen in der Urgemeinde und der heutigen Zeit bedeuten wahrhaftig eine Mischung aus Freude und Leid.
Gemeindegründung ist kein Kinderspiel!
Mein Kollege Matt Leighty, der vor einigen Jahren eine Gemeinde gründete, sagte einmal zu mir: „Wenn du eine Gemeinde gründest, musst du sowohl halb verrückt als auch von Gott berufen sein!“
Paulus als Gemeindegründer macht klar: „Die Schwierigkeiten bedrängen uns von allen Seiten, und doch werden wir nicht von ihnen überwältigt. Wir sind oft ratlos, aber wir verzweifeln nicht. Von Menschen werden wir verfolgt, aber bei Gott finden wir Zuflucht. Wir werden zu Boden geschlagen, aber wir kommen dabei nicht um.“ (2 Korinther 4, 8-9)
„Aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde.“ (Apostelgeschichte 1,8)
Ich hatte schon immer die Einstellung, dass Jerusalem die Stadt oder das Dorf ist, in dem ich lebe; dass Judäa für die umliegenden Städte und Dörfer in meiner Region und Samarien für das ganze Land oder den Kontinent steht. Daran erkennst du, dass die Möglichkeiten, neue Gemeinden zu gründen, unbegrenzt sind!
„Wenn der Heilige Geist gegenwärtig ist, sind die Jünger – damals wie heute – in der Lage, das Evangelium mit Zuversicht lokal, regional und global zu verkünden.“ (Ed Stetzer)
Es ermutigt mich sehr, zu sehen, dass heute viele Gemeinden Tochtergemeinden oder, wie sie heute eher genannt werden, neue Campusse oder Standorte begründen. Hierfür hat sich der englische Begriff Multi-Site durchgesetzt.
Zwei Vorbilder für mich:
Die Pfimi-Gemeinde im schweizerischen Burgdorf hat in Lungau im Emmental einen zweiten Standort ins Leben gerufen.
Die Credo-Gemeinde in Wuppertal verfügt über fünf Standorte oder Campusse, an denen Gottesdienste gefeiert werden.
Darüber hinaus kenne ich mehrere Gemeinden in der Schweiz und in Deutschland, die für 2021 zusätzliche Standorte planen.
Dietrich Schindler schreibt: „Gemeinden entstehen nicht per Zufall, sondern weil solche Leute sich willentlich gebrauchen lassen wollen.“
Armin Mauerhofer aus der Schweiz schreibt dazu: „Weil sich in Europa überall entwurzelte und suchende Menschen finden, sollen wir Gemeinden gründen in Gegenden, in denen es noch keine gibt. Gerade in kleinen überschaubaren Gruppen (die solche neu gegründeten Gemeinden oft darstellen) finden die Menschen unserer Zeit eine tragende Gemeinschaft, in der sie nach und nach zum letzten Halt in Jesus geführt werden können. Sie finden durch die persönliche Beziehung zu Jesus und durch die Gemeinschaft mit den anderen Gläubigen zu der Geborgenheit, die sie gesucht haben.“
Wir wollen immer eine tragende Gemeinschaft sein.
Belonging before believing bedeutet, dass viele Menschen das Gefühl der Zugehörigkeit zu etwas Bedeutungsvollem brauchen, bevor sie eine Entscheidung für Jesus treffen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Menschen, die auf der Suche sind, viel offener dafür sind, den Weg mit Jesus zu gehen, wenn sie sich in unserer Gemeinschaft wohl fühlen. Hier müssen wir ein bisschen kreativ sein und Möglichkeiten entwickeln, wie wir den Menschen etwas anbieten können, das neutral ist, aber dennoch Bedeutung hat.
So könnten wir beispielsweise einen Gospelchor organisieren oder ein soziales Projekt durchführen, das die Menschen motiviert, mit anzupacken. Die Pfimi-Gemeinde in Schaffhausen in der Schweiz bietet um die Weihnachtszeit einen Kurs für das Kerzenziehen an. Dadurch hat die Gemeinde in der Stadt einen guten Ruf bekommen, und schon einige Menschen, die daran teilnahmen, haben sich für Jesus entschieden. Es gibt sehr viele Möglichkeiten, die Menschen dort abzuholen, wo sie sind.
7 „High Impact“ Impulse für Gemeindegründung von Dieter Schindler
1 Das Bild der Vision muss größer sein als die gegenwärtige Realität! Das ist Glaube – wir leben aus dem Glauben und nicht aus dem Schauen. Es geht nicht nur darum, einen Ort zu erreichen, es geht um eine Region.
2 Es gibt keine zweite Chance, um einen ersten guten Eindruck zu machen. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir die Menschen bei einem Gottesdienst oder auf den Sozialen Medien, wie beispielsweise auf Facebook oder Instagram ansprechen. Wir müssen uns jedoch immer gut überlegen, was wir dort posten und wie wir auftreten.
3 Diverse evangelistische Schwerpunkte: „Wer reichlich sät, wird reichlich ernten”
Reinhold Roth, mein Gemeindediakon in Bad Dürkheim, betont immer, dass wir als neue Gemeinde Low-level-Möglichkeiten finden und Brücken bauen müssen, die es den Menschen erleichtern, uns kennenzulernen.
Eine Idee dafür wäre ein Frühstücksbrunch mit kurzen Inputs oder ein Grillabend, zu dem wir auch unsere Freunde einladen können. Hier gibt es viele Möglichkeiten.
4 An Qualität und Exzellenz sollte nicht gespart werden. Oft hat das nicht mit Geld zu tun.
In der Geschäftswelt wie auch in einem Hotel oder Restaurant erwarten die Menschen Qualität, doch was eine Gemeinde betrifft, haben sie diese Erwartungshaltung nicht. Wir sollten sie überraschen! Ein Besucher unserer ersten Gemeinderäume in Bregenz war völlig begeistert, weil wir dort nicht nur kahle, weiße Wände ohne jede Dekoration hatten wie viele andere Freikirchen. Sicher fand er auch unsere Café-Ecke mit Theke beeindruckend.
Eine ähnliche Reaktion zeigte ein anderer Besucher, der vor vielen Jahren an einem unserer Gottesdienste in Saarbrücken teilnahm. Er war noch nie zuvor in einer Freikirche gewesen und war begeistert, dort statt der unbequemen Bänke aus Holz, die er aus der katholischen Kirche kannte, bequeme, gepolsterte Stühle vorzufinden.
In Bad Dürkheim hielten wir einmal drei Veranstaltungsabende nur für junge Leute ab. Zwei der jungen Männer, die zum ersten Mal eine Freikirche besuchten, waren positiv überrascht, dass wir mit Beamer und Videos arbeiteten. Das kannten sie von der Kirche nicht.
5 Gebet und Fasten öffnen geschlossene Türen: Verborgene Opfer führen zu öffentlichen Siegen. Wir sollten die Kraft des Gebets nie unterschätzen!
6 Wachse, aber bleibe klein: Auch große Gemeinden können großartige Gemeinschaft haben, indem sie kleine Gruppen bilden, sei es für ein gemeinsames Bibelstudium oder andere gemeinsame Interessen. Jeder sollte in der Lage sein, einen Platz zu finden, an dem er sich wohlfühlt.
7 Wichtig ist auch Flexibilität. Die Dinge laufen oft ganz anders als geplant. Das habe ich schon so oft erlebt! Man probiert vieles aus, aber nur manches davon funktioniert gut. Es ist in Ordnung, zu experimentieren. Die Gemeindegründung erfordert einen langen Atem!
Steve Pike schreibt: „Selig sind die Flexiblen, denn sie werden nicht zerbrochen werden. Das ist ein weiser Spruch Selbst eure besten Pläne müssen fast immer noch optimiert und angepasst werden. Ich rate jedem, bei allen Planungen mit unerwarteten Ereignissen zu rechnen. Denn wenn diese dann eintreten, bringt einen das nicht aus der Ruhe. Wenn wir beweglich bleiben, bleibt unsere Gemeinde ein Ort der Freude und glückliche Menschen leben länger!“
Der Schlüssel zum Segen liegt darin, dass die Gemeindegründer und ihr Team in Liebe und Harmonie zusammenarbeiten.
„Gott hat etwas aus uns gemacht: Wir sind sein Werk, durch Jesus Christus neu geschaffen, um Gutes zu tun. Damit erfüllen wir nur, was Gott schon im Voraus für uns vorbereitet hat.“ (Epheser 2,10)
„Baue gut, baue stark, selbst wenn der Prozess Zeit in Anspruch nimmt. Zeit ist nicht unser Feind, sondern unser Freund. Erlaube, dass der Bau Zeit braucht.“ (Lynn Chandler)
„Wer blickt hier verächtlich auf den kümmerlichen Beginn? Er wird sich noch mitfreuen, wenn er den Schlussstein in der Hand Serubbabels sieht!“ (Sacharja 4,10 GN)
Englisch: „Don’t despise small beginnings.”
Jede Gemeinde fängt irgendwo an. Zuerst ist da eine Berufung oder eine Vision, die in unserem Herzen reift. In Bad Dürkheim trafen wir uns am Anfang mit nur einigen wenigen Menschen bei uns zu Hause zu einem Hauskreis. Ein paar Monate später verlegten wir unsere Treffen in einen sehr schönen Raum mit Küche in einem Bürgerhaus der Stadt. Und dann passierte ein großes Wunder: Neun Monate nach Beginn der Gemeinde konnten wir ein Haus mitten in der Stadt kaufen, das zuvor vom Roten Kreuz genutzt wurde. Wie es dazu kam, ist eine längere Geschichte, aber Gott hat Großes getan. Gott kann für jede Gemeindegründung ein Wunder tun. Wir leben aus dem Glauben!
Eine große Tür braucht nur kleine Scharniere!
Die Worte Jesu: „Wer in den kleinsten Dingen treu ist, ist auch in den großen treu….“ (Lukas 16,10a)
Nichts ist zu klein, wenn wir es treu im Dienst für unseren Herrn tun. Jemand schrieb einmal: „Der Lohn der Treue liegt darin, dass du noch mehr Gelegenheiten bekommst, dich als treu zu erweisen.“
Zum Schluss: Denkt daran, wir haben uns nicht selbst den Lauf unseres Dienstes ausgesucht, sondern Gott ist unsere Inspiration, und Er hat uns Schritt für Schritt an den Ort geführt, an dem wir uns heute befinden.
Wir haben klar erkannt, wie wichtig es ist zu sehen, wer wir sind als Christen. Wir sind bewusst über unsere Stärken und Schwächen und wir wollen nie die Sicht unserer Berufung verlieren.
Paul hat mit seiner Frau Mechthild Gemeinden im Saarland, Rheinland-Pfalz und Thüringen gegründet und dient als Coach in verschiedenen Gemeindegründungsprojekten und berät Gemeinden in Zeiten großen Umbruches. Er hat das ‚Forum für Leiterschaft im Gemeindebau’ ins Leben gerufen um Pastoren und Gemeindemitarbeiter in ihren Dienst zu ermutigen. Paul und seine Frau Mechthild wohnen in Lindau (Bodensee) und haben, in Verbindung mit der Freien Christengemeinde Lindau eine neue Gemeinde in Bregenz, Österreich, gegründet.