In kleinen Gemeinden hat jedes Mitglied einen großen Einfluss. Dadurch werden oft Kontrollfreaks angezogen. Aber wir haben Möglichkeiten, sie liebevoll und effektiv in ihre Schranken zu weisen.
Große Gemeinden ziehen eher passive Menschen in ihr Publikum, die anonym bleiben. Kleine Gemeinden ziehen eher Kontrollfreaks an.
Die Pastoren großer Gemeinden sind sich des Problems der Anonymität bewusst, deshalb arbeiten große, gesunde Gemeinden sehr hart daran, kleine Gruppen zu bilden.
In einer kleinen Gemeinde ist es schwer, anonym zu bleiben, aber dadurch ist es auch viel einfacher für die Menschen, ihren Einfluss auszuüben – manchmal auf ungesunde Weise. Oft versuchen sie auch die Leitung zu beeinflussen, aber nicht immer.
Nein, das ist keine faire Beurteilung der meisten Mitglieder kleiner (oder großer) Gemeinden. Die Kontrollfreaks machen wahrscheinlich weniger als ein Prozent aus. Aber wenn ein Kontrollfreak in eine Gemeinde geht, ist die Wahrscheinlichkeit, dass er sich eine kleine Gemeinde aussucht statt einer großen, deutlich höher. In einem kleinen Teich trifft man den großen Fisch.
Was sollte der Pastor einer kleinen Gemeinde nun tun, wenn er sich von Kontrollfreaks bedrängt fühlt?
Hier sind acht Grundsätze, die unserer Gemeinde geholfen haben, derartige Streitereien zu beenden:
- Versuche nicht, sie ebenfalls zu kontrollieren.Der Versuch, einen Kontrollfreak zu kontrollieren, ist wie der Kampf um das Lenkrad in einem fahrenden Auto. Niemand gewinnt und alle werden verletzt. Einschließlich der unschuldigen Passagiere.
- Nutze deine Position als Pastor nicht aus, um die Menschen zum Schweigen zu bringen.„Weil ich der Pastor bin!“ ist einer der schlimmsten Sätze, die du je sagen kannst. Zu dem Zeitpunkt, in dem du die Notwendigkeit verspürst, diese Worte zu sagen, hast du bereits mehr verloren, als dir klar ist. Vielleicht gibt es dir ein gutes Gefühl, sie auszusprechen. Vielleicht hilft es dir sogar, ein kurzfristiges Ziel zu erreichen. Aber du bist weit davon entfernt, langfristige Ziele zu erreichen. Du hast zwar die Schlacht gewonnen, aber den Krieg verloren.
- Treibe die Dinge nicht zu schnell voranIn einer großen Gemeinde müssen die Leiter mit Systemen und Methoden umgehen können. Der Vorteil von Systemen und Methoden liegt darin, dass sie schnell umgesetzt werden können.Systeme und Methoden sind auch in kleinen Gemeinden wichtig, aber sie spielen gegenüber Beziehungen, Kultur und Geschichte eine untergeordnete Rolle.Pastoren müssen sich das Recht, gehört zu werden, verdienen. Je kleiner die Gemeinde, umso wichtiger ist es, zuzuhören. Es erfordert Zeit, die komplexen Strukturen der Beziehungen in kleinen Gemeinden zu verstehen.
- Geh nicht zu langsam voranIn jeder Situation tut sich für Leiter ein Zeitfenster auf, in dem er die Gelegenheit hat, zu handeln. Wenn du zu schnell bist, sind die Menschen nicht bereit dafür. Wenn du zu langsam bist, verlierst du an Schwung. Wie findet man den richtigen Zeitpunkt? Dafür gibt es keine allgemeingültige Regel, weil jede kleine Gemeinde einzigartig ist. Deshalb ist es so wichtig, die Beziehungen, die Kultur und die Geschichte der Gemeinde zu kennen. So bekommen wir die Informationen, die wir brauchen, um zur richtigen Zeit zu handeln.
- Geh immer von guten Motiven aus, bis das Gegenteil bewiesen wurde.Es ist einfach, anzunehmen, dass Menschen, die dazu neigen, andere zu kontrollieren, falsche Motive haben. Aber ich habe noch selten festgestellt, dass das wahr ist.Kontrollfreaks haben normalerweise gute Motive, aber sie packen die Umsetzung ihrer Ziele falsch an. Manchmal ist ihr Bedürfnis, die Kontrolle zu haben, die Folge von Verletzungen und Misstrauen aus der Vergangenheit (siehe Punkt 6). Manchmal ist es auch in ihrer Persönlichkeit verankert.Hüte dich davor, Menschen üble Absichten vorzuwerfen, ohne vielfältige Beweise dafür zu haben. Mach dir keine Sorgen darüber, dass dich dieses Verhalten zu einer Fußmatte machen könnte. Wenn du von guten Absichten ausgehst, dann jedoch entdeckst, dass die Absichten schlecht sind, ist es immer leicht, eine Konfrontation herbeizuführen. Aber wenn du von schlechten Absichten ausgehst und damit falsch liegst, ist es sehr schwierig, nach einer Konfrontation wieder ein gutes Verhältnis zu der betreffenden Person herzustellen.
- Kümmere dich um die Probleme, bevor sie es tun.Als ich ein junger Pastor war, verfügte unsere Gemeinde nur über eine sehr schlechte Ausstattung, die dringend erneuert werden musste. Jeden Sonntag kam ein Mann aus der Gemeinde schon einige Zeit vor dem Gottesdienst, um alles vorzubereiten. Kurz bevor der Gottesdienst beginnen sollte, brachte er mir dann eine Liste aller Probleme und wollte wissen, wie ich diese zu beheben gedachte.Nachdem sich das einige Wochen lang wiederholt hatte, beschloss ich, ihm zuvorzukommen. Als er kam, sagte ich: „Ich freue mich, dass du hier bist! Es gibt einige Dinge, die du dir ansehen solltest.“ Dann führte ich ihn zu all den problematischen Stellen in der Gemeinde und sagte ihm, was ich unternahm, um eine Lösung dafür zu finden. Das tat ich, um ihn zu informieren und zu bestätigen, nicht, um es ihm unter die Nase zu reiben. Am Ende unserer Tour in der zweiten Woche sagte er mir: „Es scheint, als hättest du alles im Griff. Wir brauchen uns das nicht mehr anzusehen. Danke.“ Damit war die Sache erledigt.Später erfuhr ich, dass er sich früher einmal an einer Renovierungsaktion in einer Gemeinde beteiligt hatte, bei der der Pastor nicht wirklich gewissenhaft bei der Sache war, was die Gemeinde Tausende Dollar zusätzlich kostete. Nachdem ich bewiesen hatte, dass ich mir der Probleme bewusst war und daran arbeitete, gab er sich damit zufrieden.
Manche Kontrollfreaks sind besorgte Gemeindemitglieder, die in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht haben. Verdiene dir ihr Vertrauen und du kannst sie zurückgewinnen.
- Liebe sie und beweise Ausdauer.Manchmal lautet die Lösung, um mit Kontrollfreaks zurechtzukommen, schlicht und einfach Ausdauer. Ich werde länger hier sein als sie. Entweder sie gehen (hoffentlich nicht) oder ich gewinne ihr Vertrauen.Keiner dieser Punkte ist eine Universallösung. Manchmal sind die Kontrollfreaks so in der Gemeinde verankert, dass sie es dem Pastor unmöglich machen, seine Arbeit zu tun. Das passierte auch in einer der Gemeinden, in der ich früher Pastor war. Ich musste sie verlassen. Sie besaßen mehr Ausdauer als ich.Doch auch wenn das passiert, müssen wir die Menschen lieben. Wirklich und wahrhaftig. Auch wenn sie die Kontrolle nie loslassen, müssen wir uns über die Schlacht erheben.
- Mach dir bewusst, wer wirklich die Kontrolle besitzt.Am schwersten haben wir es mit Kontrollfreaks, wenn wir das Gefühl haben, dass sie Dinge kontrollieren, die rechtmäßig in unserem Verantwortungsbereich als Pastor liegen. Aber die Kontrolle der Gemeinde steht uns niemals zu. Und auch der Gemeinde selbst nicht. Die Gemeinde gehört Jesus. Und kein Freak in einer Kirchenbank oder hinter dem Altar wird je in der Lage sein, sie ihm zu nehmen.
Videos über die Vision von Karl Vaters finden sich unter seinem Namen auf YouTube. Besuche Karl’s Blog! [1] Zwei Bücher sind von Karl auf Deutsch zu lesen: Kleine Gemeinde große Wirkung – Raus aus der Wachstumsfalle, Verlag Francke. Der Heuschrecken-Mythos: Große Gemeinden, kleine Gemeinden und das Kleindenkertum, das uns trennt.