Nachdem ich jetzt seit rund 16 Jahren sehr oft in Gespräche und Diskussionen über die Bibel, den Glauben und das Leben als Christen verwickelt war, wurde und noch immer bin, sind mir im Laufe der Jahre einige Gefahren bei mir und auch bei anderen Christen aufgefallen, denen wir immer wieder ausgesetzt sind. Heute möchte ich die meiner Meinung nach sieben wichtigsten davon aufzählen und mir Gedanken machen, was wir tun können, um besser damit umzugehen. Zugleich möchte ich uns alle ermutigen, dass wir uns noch mehr mit der Apologetik, also den Versuchen, den christlichen Glauben zu verstehen, zu erklären und zu verteidigen, beschäftigen mögen. Im Folgenden zähle ich einiges auf. Die Reihenfolge ist ohne tiefere Bedeutung, da wir alle unterschiedlich sind und deshalb auch nicht alle allen Gefahren in gleicher Stärke ausgesetzt sind.
1. Gefahr: Diskutieren um zu gewinnen.
Lange Zeit war mein größtes Problem, dass ich ein apologetisches Gespräch als Chance sah, eine Diskussion zu gewinnen. Das war wie ein schöner Kampf, ein Kräftemessen mit Worten, da ich beim Armdrücken oft den Kürzeren zog. Da kam mir das gerade recht, denn mit Worten lernte ich schon recht früh umgehen. Auch das Bilden und Zerlegen von Argumenten fiel mir leicht, und so konnte ich mich in vielen Gesprächen am Schluss als Sieger sehen. Doch war ich das wirklich? Manche Menschen sind am Ende verletzt von dannen gezogen und hatten nur noch eine größere Wut gegen Christen. Diskutieren ist gut und oft wertvoll, aber es ist nur ein Teil und es geht dabei mehr darum, den Menschen zu gewinnen und nicht die Diskussion.
2. Gefahr: Vorsicht – Trigger!
Ich habe festgestellt, dass es gerade unter uns bibeltreuen Christen eine ganze Menge an Triggerworten gibt, die uns geradezu blind machen für unser Gegenüber. Wenn wir bedenken, dass uns gegenüber ein Mensch mit einer bestimmten Biographie ist, der auch einen bestimmten Wortschatz hat, der durch diese Biographie begründet ist, dann gilt es, bei solchen Triggern erst mal auf den Mund zu sitzen und genauer nachzufragen. Zu oft haben wir eine Vorstellung, was der Andere meinen muss, wenn er ein bestimmtes Wort gebraucht. Wenn sich jemand als feministisch vorstellt, dann frage ich immer nach, was diese Person darunter versteht. Oder wenn jemand findet, dass die Freikirchen zu dogmatisch seien, dann braucht es eine Nachfrage danach. Oder wenn jemand mit der „Fundi-Keule“ kommt, lässt sich sehr gut erörtern, was damit eben gerade nicht gemeint ist. Und so weiter. Unsere eigenen Argumente haben erst dann einen Platz, wenn wir jene des Gegenübers richtig verstanden haben und sie auch in eigenen Worten nochmal definieren und wiedergeben können. Das braucht Zeit und Kraft, aber das ist es wert! Und wie oft habe ich selbst auch schon äußerst wertvolle Lektionen des Lebens gelernt, indem ich da zugehört und nachgefragt habe.
3. Gefahr: Das Ende verpassen
Was ist eigentlich das Ziel solcher Gespräche? Das letztendliche Ziel ist es, dass Menschen erkennen, dass der christliche Glaube die eine und absolute Wahrheit ist und dass sie selbst zum Glauben an den Herrn Jesus kommen. Das ist jedoch eine ganze Menge und braucht richtig viel Zeit und viele Infos. Ein einzelnes Gespräch kann nur einen Baustein dieses Ganzen liefern. Allzu schnell vergessen wir das und geben uns richtig viel Mühe, um das ganze Bauwerk möglichst naturgetreu zu vermitteln. Das überfordert jedoch viele Menschen. Lieber ein einzelner Baustein, und dann braucht es Zeit, um diesen Stein an den richtigen Ort zu bringen. Und später, vielleicht auch durch andere Personen, der nächste Baustein. Das bringt mehr als wenn durch Überforderung und rauchenden Kopf alles verloren geht.
4. Gefahr: Alles (besser) wissen
Ich habe noch viele offene Fragen und eine große Neugier, die mir mit jeder Antwort, die ich finde, neue Fragen eröffnet. Doch oft machen apologetische Gespräche den Eindruck, als hätten Christen die Lizenz für Antworten auf alle Fragen. Eins der wertvollsten Tools ist die Rückmeldung: „Das ist eine gute Frage! Ist es ok, wenn ich mir die aufschreibe und dem nachgehe (oder: darüber nachdenke)? Möglicherweise kann ich mehr sagen, wenn wir uns wieder sehen.“ Damit gebe ich zu, dass man nicht alle Fragen beantwortet haben muss, wenn man Christ ist, und gebe meinem Gegenüber auch eine besondere Wertschätzung, indem ich die Frage lobe und etwas von meiner Zeit und Kapazität anbiete um dem nachzugehen.
5. Gefahr: Ablenkungen zulassen
Manche Menschen haben die Gewohnheit, von einem Thema zum nächsten zu springen, um keine Antwort zu bekommen, die sie zum Nachdenken zwingen müsste. Das ist eine Art Selbstschutz des Menschen. Im Rahmen der Gesprächsführung müssen wir lernen, da konsequent zu sein. Das Gegenüber hat das Recht auf diesen Selbstschutz, aber dann lässt sich nicht reden. Entweder lässt sich das Gegenüber auf ein ernsthaftes Gespräch ein und ist bereit, einem Gedanken nachzugehen, oder sonst müssen wir lernen, das Gespräch höflich aber bestimmt abzubrechen. Gerade dann, wenn keine Bereitschaft da ist, einen Begriff näher zu definieren oder zu erklären, macht das Ganze keinen Sinn mehr.
6. Gefahr: Öffentliches und Privates mischen
Hier lehne ich mich etwas aus dem Fenster. Ich muss erst erklären, was ich damit meine. Es gibt öffentliche Gespräche, die etwa online oder an der Supermarktkasse oder in der Bahn stattfinden. Und es gibt private Gespräche, die unter vier Augen stattfinden. Häufig gibt es Menschen, die anfangen, in einer solchen Diskussion ihr ganzes Privatleben auszubreiten und meinen, sie könnten aus ihrem Erleben allgemeine Lehren ableiten, die deshalb für alle Menschen gälten, weil sie bei ihnen funktioniert haben. Gerade bei den Menschen, die viel Ablehnung und Verletzungen von Christen erfahren haben, brauchen hier viel Fingerspitzengefühl und Anteilnahme. Andere Menschen sind einfach gerne rebellisch und wollen ihren Kopf durchsetzen. Sie beide brauchen gleichermaßen das Evangelium, aber mit anderen Worten. Ein solch „privates“ Gespräch öffentlich zu führen, bedeutet, dass auch Menschen mitlesen oder mithören, die etwas ganz anderes brauchen und die sich durch ein solches Gespräch in ihrem falschen Verhalten bestätigt fühlen können. Da die Grenze nicht ganz leicht zu ziehen ist, füge ich diesen Punkt mit einigem Zögern und mehrmaligem Bearbeiten an und hoffe, dass er richtig verstanden wird. Im Zweifel bitte immer nachfragen.
7. Gefahr: Aus Angst vor all den Gefahren zu schweigen
Der wohl größte Fehler, den man machen kann, besteht darin, aus Angst vor dem Fehler machen gar nichts zu tun. Ebenso ist eines der größten Probleme der Apologetik, dass es viele Christen gibt, die solche Gespräche nicht führen möchten, sondern meinen, das sei Aufgabe von Fachleuten. Wer mit Jesus Christus unterwegs ist und Ihm nachfolgt, ist damit schon Fachperson für das Leben mit Jesus geworden. Ich bin auch ein eher scheuer, zurückhaltender, ruhiger, introvertierter Mensch, aber das hält mich nicht ab, immer wieder nach Gelegenheiten zu suchen, um andere Menschen auf den Glauben aufmerksam zu machen. Lasst uns nicht schweigen, sondern einander ermutigen, im kommenden Jahr noch mehr von Jesus Christus zu erzählen und Menschen zu Seinen Jüngern zu machen!
Jonas Erne ist Gemeindereferent der Volksmission Loßburg-Wälde: Jesusnachfolger, Ehemann, 3-Jungs-Vater, Prediger, Kunststoffverarbeiter, Blogger, Dichter & Denker, Sprachfreak, Bastler. Besuche sein Blog