Kurzer Beitrag bei der Schlussveranstaltung Marsch für das Leben am 3. September 2016 in Bregenz
Mechthild Clark
Ich bin ganz besonders froh, heute Abend hier zu sein und auch noch dazu einige Worte sagen zu dürfen.
Zunächst möchte ich meine größte Hochachtung den jungen Menschen aussprechen, die all dies organisiert und so viel von ihrem Urlaub, ihrer Freizeit und sicherlich auch ihren Finanzen geopfert haben, um durch ihren Marsch und diese Veranstaltung ihrer Überzeugung Ausdruck zu verleihen. Sie sprechen ein in unserer Gesellschaft so wichtiges und doch teilweise auch in christlichen Kreisen totgeschwiegenes Problem an. Ich hoffe, dass durch ihr Handeln auch wir als teilweise schon ältere Menschen erneut dazu ermutigt werden, nicht zu schweigen, sondern unserer Überzeugung Worte zu verleihen vor so viel Unrecht in dieser Welt. Ich weiß, dass wir uns manchmal eingeschüchtert fühlen, auch aufgrund der Rhetorik derjenigen, die Abtreibung als ein fest verbürgtes Recht jeder Frau sehen. Wir müssen unsererseits nicht laut oder unangenehm werden, sondern können und sollen in Ruhe, mit Festigkeit und Mut unseren Standpunkt vertreten.
Eigentlich sollte ich heute Abend gar nicht hier stehen. Nicht, weil ich nicht eingeladen war oder andere Termine hatte, sondern weil vor einigen Jahrzehnten Ärzte der Meinung waren, dass eine Abtreibung der einzige Weg sei.
Als meine Mutter Anfang 1951 schwanger wurde, wog sie keine 50 kg mehr, war schwer herzkrank, hatte zwei kleine Kinder durch den Krieg gebracht und eine noch entbehrungsreichere Nachkriegszeit durchlebt. Die Familie war aus ihrer Heimat geflohen, weil sie die russische Besatzung als Bedrohung empfand. Und dann waren meine Mutter und meine beiden Schwestern, die damals 5 und 8 Jahre als waren, fast 3 Jahre ohne einen festen Wohnsitz, nur auf die Hilfe von Verwandten, Ordensschwestern und Klostern angewiesen, weil mein Vater aufgrund eines wirklich schrecklichen Werksunfalls immer wieder in Krankenhäusern war und nicht arbeiten konnte. Meine Mutter war außerdem damals bereits 37 Jahre alt. Die Reaktion der Ärzte lautete: Abtreibung, denn sie werden diese Schwangerschaft auf keine Fall überleben und das Kind vermutlich auch nicht.
Wir müssen bedenken: Dies geschah zu einer Zeit, in der Abtreibung öffentlich ein absolutes Tabu war. Ich möchte hier auch keinen Ärzten einen Vorwurf machen, denn sie sahen sicherlich in diesem Moment einfach eine schwerkranke, ausgemergelte Patientin und waren einzig und allein um deren Wohl bedacht.
Meine Eltern waren sehr gläubig und ich habe vor Jahren einen Brief gefunden, in dem mein Vater, wieder einmal aus einem Krankenhaus, in einen Brief an meine Mutter folgendes schreibt: „Wir müssen Gott vertrauen! Er wird uns durch diese schwierige Lebenssituation hindurch bringen.“ Für beide kam eine Abtreibung nicht in Frage. Die Worte meiner Mutter: Gott hat es erlaubt, dass ich in diesem Zustand bin. Er wird mich durchtragen.
Als ich geboren wurde, lag meine Mutter eine Woche lang auf Leben und Tod. Ich selbst war so klein, dass die Ärzte von „Zwergentum“ sprachen, wie man es damals bezeichnete. Heute sprechen wir von Mikrosomie oder Kleinwüchsigkeit. Und sehen Sie mich heute an!
Und wieder die Worte meiner Mutter: Danach wurde alles besser. Mein Vater konnte nach und nach langsam wieder arbeiten in dem großen Unternehmen, in dem er den Werksunfall hatte. Meine Familie fand eine Wohnung und es kam sogar täglich für eine lange Zeit eine Werkskrankenschwester ins Haus, um den Winzling zu betreuen. Gott enttäuscht nie!
Zum Schluss:
Paul, der gleich auch einiges sagen wird, ist von Geburt an fast blind. Es handelt sich bei ihm um eine rein erblich bedingte Augenkrankheit. Seine Großmutter war ein Leben lang völlig blind, sein Vater schwer sehbehindert und dann im letzten Jahrzehnt seines Lebens auch völlig blind.
Als Pauls Mutter 1952 schwanger war, gab es noch kein „Embryo Screening“. Aber hätte es dies damals gegeben, so wären er und seine Schwester sofort durch den Raster gefallen. Aber auch Pauls Eltern waren gläubige Menschen und hätten eine Abtreibung nie als eine Möglichkeit gesehen. Auch sie hatten Vertrauen darauf, dass Gott alles gut machen wird.
Ich kann nur sagen, dass Gott meinen Mann über viele Jahrzehnte hinweg in großer Art und Weise gebraucht hat. Pauls Schwester Ruth ist von Geburt (nach amerikanischen und deutschem) Recht völlig blind. Dennoch arbeitet sie seit fast zwei Jahrzehnten unter verarmten Kindern auf den Philippinen in einem Kid’s Center, dem Dream Center auf Cebu), das sie ins Leben gerufen hat und immer noch betreut.
Und so sage ich es zum Schluss noch einmal:
Gott enttäuscht nie und er hat für jedes Leben, gesund oder behindert, einen guten Plan!
Mechthild ist mit seit 40 Jahren mit Paul verheiratet, und sie haben zwei Kinder und ein Enkelkind. Paul und Mechthild haben eine Gemeinde in Michigan und Gemeinden in mehreren Städten in Deutschland gegründet. Mechthild ist Buchhalterin. Zur Zeit leben die Clarks in Lindau und starten eine Gemeindegründung in Bregenz.