Bob Moorehead
An was denkst Du, wenn Du das Wort Jüngerschaft hörst? Es handelt sich dabei weder um ein Schlagwort oder eine Modeerscheinung, noch um ein weiteres Programm, sondern um den Marschbefehl, den Jesus Seiner Gemeinde gab — es geht um den Lebenssaft der Gemeinde.
DAS MANDAT
Jüngerschaft ist keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Man kann über diesen Auftrag nicht abstimmen, verhandeln oder ihn abändern. Der letzte Auftrag unseres Herrn sollte unsere erste Priorität sein: „Geht nun hin und macht alle Nationen zu Jüngern“ (Matthäus 28, 19). Die Ältesten oder der Gemeindevorstand dürfen an diesem Mandat nicht rütteln. Es ist eine feste Anordnung. Wenn die Gemeinde echte Gemeinde ist, wird sie dieses Mandat achten. Wenn die Gemeinde nur Gemeinde spielt, wird sie den Befehl entweder ignorieren oder verwässern. Gemeinden tun heutzutage viele verschiedene Dinge. Etwas, das sie jedoch häufig nicht tun, ist Menschen zu Jüngern zu machen. Können Sie sich vorstellen, mit einer Schar unausgebildeter Soldaten in den Kampf zu ziehen? Man würde den Kampf zweifellos verlieren. Unsere Gemeinden sind voll von netten, gut gekleideten, freundlichen und unausgebildeten Leuten, die nicht die geringste Ahnung haben, dass sie eine persönliche und gemeinsame Verantwortung tragen, um dort wo sie wohnen und arbeiten, Menschen zu Jüngern zu machen.
DIE BEDEUTUNG
Was bedeutet dieser Auftrag? Was bedeutet „zu Jüngern machen“? Es bedeutet nicht, Entscheidungen herbeizuführen. In einem Gottesdienst die Hand zu heben oder nach vorne zu gehen, macht Menschen nicht zu Jüngern. Es mag ein erster Schritt sein, aber das ist auch alles. Jüngerschaft ist ein zweifältiger Prozess: (1) Bekehrung zu Christus, und (2) Wachstum in Christus. Wenn eine dieser Komponenten fehlt, ist Jüngerschaft unvollkommen. Es beginnt damit, dass wir Menschen mit dem Evangelium von Jesus Christus erreichen und ihnen erklären, dass Jesus Gottes vollkommene und endgültige Lösung für unsere Sünde ist.
Das Evangelium lässt Menschen erkennen, dass sie sich nicht selbst erretten können, sondern dass sie Jesus Christus in ihr Leben aufnehmen müssen, indem sie Ihn persönlich darum bitten, Herr ihres Lebens zu werden. Wachstum bedeutet, dass ein Reifeprozess einsetzt. Wenn ein Baby zur Welt kommt, ist der Geburtsprozess meist nicht sehr lang. Bis es erwachsen wird, dauert es jedoch 18 bis 20 Jahre. Dabei handelt es sich um eine physikalische und geistige Entwicklung. Es ist seltsam: Wir sind beunruhigt, wenn ein Kind nicht wächst und sich entwickelt; jedoch nicht, wenn ein neugeborener Christ sich nicht entwickelt und geistlich heranwächst. Aus diesem Grund sind unsere Gemeinden voll unterentwickelter Christen, die sich häufig auch wie trotzige Babys benehmen, die ihren Willen durchsetzen wollen. Sie wurden nicht richtig ernährt und haben sich nicht entwickelt. Leider ist es heute oft das Fernsehen, das Jüngerschaft ausübt.
Das Wertsystem und die Weltanschauung der Christen werden geprägt durch Tausende von Morden, Vergewaltigungen, durch Gewalttätigkeit und detaillierte Sexszenen, die Abend für Abend in unsere Wohnzimmer fließen. Der durchschnittliche Christ in USA schaut jede Woche zirka 21 Stunden Fernsehen, verbringt hingegen nur zirka 11 Minuten im Wort Gottes. In Lukas 6, 40 heißt es, dass der Schüler wie sein Lehrer sein wird. Man kann sich also vorstellen, was das Resultat sein wird. Jüngerschaft ist am Endprodukt interessiert. In Kolosser 1, 28 spricht Paulus über diese Jüngerschaft: „…indem wir jeden Menschen ermahnen und jeden Menschen in aller Weisheit lehren, um jeden Menschen vollkommen in Christus darzustellen.“
Das Endprodukt sollte vollkommen hingegebene und fähige Nachfolger von Jesus Christus sein. Wo ist unser Endprodukt heute? Jüngerschaft ist nicht vollständig, bis wir die Person zu Jesus und zur Reife in Christus geführt und sie befähigt haben, ihrerseits Jüngerschaft auszuüben. Stell Dir mal vor, ein Mann baut eine große Radiofabrik. Er stellt 400 Leute an, um alle möglichen Radios zu montieren. Er ermöglicht den Mitarbeitern eine Ausbildung und gibt ihnen viele Anreize, sich weiterzubilden. Er bezahlt sie gut, lässt sie in drei Schichten arbeiten und setzt das Fließband in Betrieb. Später kommt er, um zu sehen, wie alles läuft. Sämtliche Lichter sind angeschaltet, die Maschinen laufen, die Leute scheinen beschäftigt und alles in vollem Gange zu sein. Als er jedoch fragt, wie viele Radios in dieser Woche produziert wurden, starrt ihn der Vorarbeiter nur erstaunt an und antwortet: „Nun, überhaupt keine. Aber wir haben wirklich viel zu tun hier! Wir sind sehr beschäftigt!“ Da läuft irgendetwas falsch. Ein Ort, der dazu bestimmt ist, Radios zu bauen, der erstellt wurde, um Radios zu bauen, der ausgerüstet ist, um Radios zu bauen und doch keine herstellt, ist untauglich. Muss ich noch deutlicher werden?
Das Endprodukt der Gemeinde sind Menschen, die errettet und ausgebildet wurden, um andere Menschen zu Jesus zu führen. Dieses Endprodukt fehlt. Der Erfolg einer Gemeinde wird häufig daran gemessen, wie viele Menschen der Platzanweiser im Saal zählt. Selbst wenn dies 8’000 wären: Wahrer Erfolg wird daran gemessen, wie viele Menschen zu Jüngern gemacht wurden.
DAS MATERIAL
In welchen Bereichen brauchen Gläubige unbedingt Unterweisung?
- Heilsgewissheit
- Wie man Gottes Wort studiert
- Gebet
- Der Heilige Geist und die Geistes gaben
- Evangelisation
- Die Gemeinde
- Verwaltung und Finanzen
- Dienen
- Die Entrückung der Gemeinde
- Zeitmanagement
- Leiterschaft
- Ehe und Familie
- Andere Menschen zu Jüngern machen
- Heiligkeit und Reinheit
Ein Jünger erfährt auf drei Arten Unterweisung: Mentoring durch Mitgläubige, durch den Heiligen Geist und durch die Verkündigung von Gottes Wort.
DIE METHODE
Multiplikation! Es berührt mich stets zu sehen, wie Jesus gewirkt hat. Er war keine Massenmedien-Persönlichkeit. Er wählte 12 Männer und verbrachte drei Jahre damit, Sein Leben in sie fließen zu lassen: „Und er bestellte zwölf, damit sie bei ihm seien und damit er sie aussende, zu predigen“ (Markus 3, 14).
Welch einfacher Prozess! Jemand hat die Methode folgendermaßen beschrieben:
- Er tat es.
- Sie schauten Ihm zu.
- Er lehrte sie, es zu tun.
- Er tat es gemeinsam mit ihnen.
- Er ließ es sie selbständig tun.
Dieser fundamentale Plan ist auch im 20. Jahrhundert gültig. Es ist ein Plan der Multiplikation, statt der Addition. Paulus sprach dies viele Jahre später an, als er zu Timotheus sagte: „Und was du von mir in Gegenwart vieler Zeugen gehört hast, das vertraue treuen Menschen an, die tüchtig sein werden, auch andere zu lehren“ (2. Tim. 2, 2).
Beachtest Du die Kettenreaktion und die Kraft der Multiplikation. In einem Sprichwort wird die Frage gestellt: „Hättest du lieber eine Million Dollar oder täglich einen Penny verdoppelt für einen Monat lang?“ Viele würden sofort sagen: „Gib mir die Million Dollar!“ Ein Penny verdoppelt täglich einen Monat lang ergibt jedoch $ 10’737’418.24. Gott möchte, dass wir uns multiplizieren, statt nur Einzelne für unsere Gemeinde zu gewinnen. Ist das nicht der Grund, warum Jesus diese Methode wählte? Er erwartete, dass Seine Jünger sich multiplizieren würden und dass sie das, was Er in ihr Leben fließen ließ, wiederum in das Leben vieler anderer fließen lassen würden. Jüngerschaft ist keine Sackgasse. Ein strategischer Teil von Jüngerschaft ist, dass man Neubekehrten klar macht, dass ihnen das Evangelium zur Weiterverkündung verkündet wurde, dass ihre Veränderung eine Aufgabe mit sich bringt, und dass sie gerettet wurden, um zu dienen.
Jemand hat darauf hingewiesen, dass 50 Prozent der Weltbevölkerung das Evangelium noch nicht gehört hat. Ohne das Multiplikationssystem wird Evangelisation weit hinter dem Bevölkerungswachstum hinken. Heute erfordert es 1’000 Christen 365 Tage im Jahr, um eine Person zu Christus zu führen und sie auszubilden. Mit dieser Methode werden wir den Kampf verlieren. Ohne Multiplikation gibt es kaum Hoffnung, die Welt für Jesus zu gewinnen. Mit Multiplikation ist dies jedoch möglich. Diese Tatsache wurde mir durch ein Laien-Evangelisationsprogramm, das wir vor Jahren in unserer Gemeinde einführten, klar. Ich nahm zwei Leute und lehrte sie während 18 Wochen intensiv über Evangelisationsstrategien. Als sie mit dem Kurs starteten, wussten sie, dass sie nach zwei Wochen, die theoretisches Training und praktische Einsätze beinhalteten, ihr Wissen an je zwei weitere Leute weitergeben mussten. Sie machten es. Bald bildeten wir zu Dritt sechs Leute aus. Dann fingen 9 an, 18 Leute auszubilden. Danach begannen 27, 54 weitere Leute auszubilden. Bald darauf waren es 81, die 162 Leute ausbildeten. Von da an wurden die Zahlen wirklich hoch. Heute, viele Jahre später, haben wir über 2’000 Leute ausgebildet. Sind sie alle dran geblieben? Nein, aber eine große Anzahl von ihnen tat es, und die Ausbildung findet immer noch statt. Anfangs sieht es klein aus, aber Multiplikation wirkt viel schneller als Addition.
JÜNGER
Wie sieht ein Jünger aus? Welche Form hat das Endprodukt? Man könnte dazu viel sagen, aber einige kurze Beschreibungen genügen:
- Ein Jünger bringt viel Frucht (Johannes 15, 8).
- Ein Jünger liebt Gott und Mitmenschen (Matthäus 10, 37; Johannes 13, 35).
- Ein Jünger ist selbstlos (Lukas 14, 33).
- Ein Jünger nimmt sein Kreuz auf sich (Matthäus 10, 38).
- Ein Jünger bleibt in Gottes Wort (Johannes 8, 31).
- Ein Jünger gibt Zeugnis (Markus 8, 38).
Kurz: Jünger hängen an Jesus und haben das Verlangen, Seine Eigenschaften in ihrem Leben zu entwickeln. Dies geschieht nicht einfach durch das Aufnehmen vieler Fakten über Jesus, sondern dadurch, dass wir Ihm ähnlich werden, und dass Er Sein Leben durch uns leben kann.
Wo fangen wir an? Bei der Regel, dass jeder in der Ortsgemeinde in einer der beiden Kategorien sein sollte: Jüngerschaft ausüben oder sie empfangen. Entweder lassen wir unser Leben in einen Jünger fließen oder wir lernen, während dem jemand dies an uns tut. Das Motto muss sein: „Jeder bildet aus oder wird ausgebildet.“ Alles andere ist nicht nur unbiblisch, sondern programmiert die Gemeinde auf Versagen in der Ausübung ihrer Aufgabe. Deshalb diese Frage: „Bin ich bereit, dem Befehl Jesu zu gehorchen, Menschen zu Jüngern zu machen?“ „Wann fange ich an?“
Bob Moorehead, Ph.D. FLG hat vom Autor des Artikels und von INSPIRATION die Genehmigung zur Veröffentlichung dieses Artikels erhalten. INSPIRATION ist eine verkürzte Version der Zeitschrift ENRICHMENT, die von den Assemblies of God, USA, herausgegeben wird. INSPIRATION dient den Bedürfnissen von deutschsprachigen Pastoren und stellt theologisch-biblisch relevante, up-to-date Artikel für die Arbeit von Gemeindeleitern und Pastoren zur Verfügung. http://enrichmentjournal.ag.org/International/German/index.cfm