Wie würdest du deinen Führungsstil in letzter Zeit einschätzen? Das ist eine relevante Frage aus verschiedenen Gründen.
Erstens zeigten die wissenschaftlichen Untersuchungen von Daniel Goleman vor über 20 Jahren, dass der EQ (Emotionaler Intelligenzquotient) einen weit größeren Einfluss auf den Erfolg der Leitung hat als der IQ.
Zweitens – und das ist die Freude daran – emotionale Intelligenz kann gelernt werden. Sie ist nicht genetisch bedingt und so ziemlich jeder kann sich darin verbessern.
Deine emotionale Intelligenz (oder der Mangel davon) beeinflusst deine Arbeit und dein Zuhause bereits weit mehr, als du denkst. Warum ist das so?
- Du hast schon Konflikte oder dann, wenn du in Konflikte gerätst.
- Die Leute mögen mit dir zusammenarbeiten oder auch nicht.
- Es kommt dir vor, dass du nie die Beförderung bekommst, auf die du schon lange hoffst – und warum das so ist.
- Es gibt so viel Drama in deinem Leben oder warum alles so reibungslos läuft.
Wie emotional intelligent bist du also?
Ich persönlich musste über die Jahre einiges tun, um in der emotionalen Intelligenz bei meinem Führungsstil zu wachsen und ich bin immer noch am Lernen.
Hier sind 5 Anstöße, die deine Führungsqualitäten sofort verbessern können. Auf alle Fälle haben sie mir geholfen.
- Lerne, wie du auf andere wirkst.
Hast du dich schon einmal gefragt, was passiert, wenn du einen Raum betrittst?
In mancher Hinsicht ist das eine sonderbare Frage, weil du noch nie in einem Raum warst, ohne drinnen zu sein.
Du hast einen Einfluss auf das Klima in jedem Raum, in dem du dich befindest. Als Leiter ist es tatsächlich so, dass du fast immer das Klima veränderst. Die Frage ist, ob zum Besseren oder zum Schlechteren?
Wirken die Leute angespannt, wenn du den Raum betrittst? Machen sie den Mund nicht mehr auf? Freuen sie sich, dich zu sehen? Haben sie Angst vor dir? Sind sie begeistert, dass du da bist?
Freut sich dein Ehepartner/deine Ehepartnerin, dich zu sehen oder macht er/sie sich Sorgen, worüber du dich wieder beklagen wirst, wenn du heimkommst?
Viele Leute haben keine Idee, wie sie diese Frage ehrlich beantworten sollten.
Was die Sache noch komplizierter macht, ist die Tatsache, dass unsichere Leiter sich gewöhnlich vor einer Antwort auf diese Frage fürchten. Und wenn du ein Leiter bist, der sich leicht verärgert und angegriffen fühlt, dann kann ich dir versprechen, dass dein Team sich davor scheut, dir eine Antwort darauf zu geben.
Wenn du jedoch in emotionaler Intelligenz wachsen willst, dann musst du unbedingt wissen, was passiert, wenn du einen Raum betrittst. Du musst lernen, wie du auf andere wirkst.
Hier ist also die Herausforderung: Frage die Leute, wie es ist, sich dir gegenüber auf der anderen Seite zu befinden. Mach es offen und ehrlich. Verteidige dich nicht. Hör einfach zu. (Ich habe diese Frage von Jeff Henderson, der eine unglaubliche Serie unter dem Titel Climate Change predigte über die Wirkung auf andere.)
Du wirst dich wundern, was du da erfährst.
Willst du wissen, was ich gelernt habe? Als ich vor ca. 10 Jahren angefangen habe, mein Team über meine Wirkung auf sie zu befragen, war eine der direkten Antworten darauf: „Du bist Bamm Bamm.“
Bamm Bamm Geröllheimer war ein Charakter in der Zeichentrickserie „Familie Feuerstein“, der als kleines Kind nicht wusste, wie stark er war.
Offensichtlich habe ich eine sehr starke Persönlichkeit. Jahrelang war ich mir dessen nicht bewusst, denn ich war immer nur ich selber. Aber als ich mein Team nach meiner Wirkung auf sie fragte, antworteten sie, dass sich alle Augen auf mich richten würden, sobald ich einen Raum betrete und ich meine Meinung darlegen und im Grunde genommen den Raum beherrschen würde. Eine echte Diskussion wäre somit nicht möglich.
Also gab ich dem Team die Erlaubnis, mich darauf hinzuweisen. In der Folge kamen jahrelang bei Meetings (oder danach) Mitarbeiter auf mich zu und sagten: „Du bist schon wieder Bamm Bamm.“ Dann habe ich mich entschuldigt und aufgehört.
Es wurde mir wichtig, viel bewusster und regelmäßiger verstehen zu lernen, was ich da gerade machte. Ich fragte die Leute vor und nach den Meetings, welche Rolle ich spielen sollte und bat um Feedback darüber, ob mein Level an Input zu hoch oder zu niedrig war. Das half mir wirklich.
Sogar daheim stelle ich regelmäßig die Frage: „Wie ist es, mir gegenüber auf der anderen Seite zu sein?“ Der daraus folgende Dialog macht das Leben zu Hause besser … wenn du bereit bist, dich zu ändern.
- Schütze dein Team vor deinen Launen.
Es gibt dich an guten Tagen. Und es gibt dich an nicht so guten Tagen.
Zu viele Leiter lassen ihr dafür Team zahlen, wenn sie einen schlechten Tag haben. Aber keiner will für so jemanden längere Zeit arbeiten, besonders dann, wenn dieser Leiter viele schlechte Tage hat.
Vielleicht kannst du nicht aufhören, dich schlecht zu fühlen, aber du kannst damit aufhören, es die Leute um dich herum spüren zu lassen – daheim und in der Arbeit.
Selbsterkenntnis ist ein großer Schlüssel zu emotionaler Intelligenz. Genauso wie Selbstregulation.
Selbstregulierende Leiter erkennen, dass sie ihren Ärger nicht auf den Leuten um sie herum austragen dürfen – sei es daheim oder in der Arbeit.
Ich weiß, was du gerade denkst: Wie soll ich denn nun mit meiner Frustration umgehen? Ich würde vorschlagen, du sollst mehr beten.
Das Buch von Andy Stanley, Enemies oft he Heart, hat mir übrigens wirklich geholfen, die Wurzel meiner Emotionen zu finden. Ich sah die Wurzel von vier Sachen, mit denen wir alle als Menschen und Leiter zu kämpfen haben: Schuld, Zorn, Furcht und Neid.
- Hör auf damit, anderen die Schuld zu geben.
Emotional intelligente Menschen sind nicht nur selbstregulierend, sondern auch eigenmotiviert. Das bedeutet, dass sie bereit sind, Dinge zu tun wie zum Beispiel Verantwortung zu übernehmen für ihr Handeln.
Wenn du verantwortungsbewusster werden willst, hör auf, anderen die Schuld zu geben. Es ist das Gegenteil von Verantwortungsbewusstsein.
Was sollst du also tun, wenn Dinge falsch laufen? Wenn dich jemand enttäuscht? Oder wenn etwas, über das du keine Kontrolle hast, deinen Fortschritt stoppt?
Genau dann musst du die Verantwortung übernehmen. Auch wenn es nicht deine Schuld ist (Das ist genau der Grund, warum du sie übernehmen musst).
Wenn Dinge falsch laufen, sag einfach: „Ich bin der Leiter. Ich trage die Verantwortung.“ (Mein Team hat mich das schon tausendmal sagen gehört.)
Oft habe das Problem gar nicht ich verursacht. Aber das ist nicht der Punkt. Ich bin der vorgesetzte Leiter. Ich trage die Verantwortung. Ich muss unser Team zusammenhalten und herausfinden, wie wir das Problem am besten angehen können. Oft sage ich das laut vor mich hin, um mich selbst daran zu erinnern, dass Schuldzuweisung keine Option ist.
Übernimm also die Verantwortung und schreite voran.
Es ist unglaublich, wie befreiend das sein kann und es hat den Nebeneffekt, dass auf der einen Seite dein Team zusammensteht und auf der anderen jemand, der die Sache vermasselt hatte, seine Schuld zugibt und die Verantwortung dafür übernimmt.
Warum? Weil ihn niemand beschuldigte. Anständige Menschen geben lieber ihre Fehler zu, als davonzulaufen und sich zu verstecken.
- Lass die Ausreden fallen.
Emotional intelligente Leiter stehen gerade für alles, das sie machten und das nicht klappte.
Zu spät zu einem Meeting? Der Verkehr war nicht schuld. Du warst einfach zu spät dran. (Du hättest früher wegfahren sollen.)
Der Bericht ist nicht rechtzeitig fertig geworden? Sag jetzt nicht, dein Kind wurde krank oder du konntest nicht schlafen. Das stimmt vielleicht alles, aber was hilft das jetzt? Du hast deine Aufgabe einfach nicht erledigt.
Schlechte Leiter erfinden Ausreden. Gute Leiter machen Fortschritte. Du kannst entweder Ausreden erfinden oder Fortschritte machen. Beides gleichzeitig geht nicht.
Wenn du aufhörst, Ausreden zu erfinden, wird das dein Ansehen in den Augen deiner Kollegen fördern und es wird dazu führen, dass du mit dir selber ins Reine kommst. Wenn du zu dir selber ehrlich bist, wirst du dich unbehaglich fühlen, aber das wird zu echtem Fortschritt führen.
Der Nutzen daraus? Leiter, die ihre Fehler eingestehen, machen weniger Fehler.
- Sinke nicht so tief, dass du entwürdigend bist und andere erniedrigst.
Ein weiteres Kennzeichen eines emotional intelligenten Leiters ist seine Weigerung, seinen Mund zu weit aufzureißen und Leute zu erniedrigen, wie es manche tun. Wenn das Gespräch auf einen niedrigen Level sinkt, beschreiten sie den rechten Weg.
Es kann schwerfallen, Kritik nicht zu entkräften und nicht hinunter zu sinken auf das niedrige Niveau, auf dem sich andere manchmal befinden.
Ein einfaches Zitat erinnert mich immer wieder daran, warum es sich nicht auszahlt, sich auf ein niedriges Niveau zu begeben.
Ringe nie mit einem Schwein. Ihr werdet beide schmutzig dabei, aber dem Schwein gefällt das.
Dies gilt in vieler Hinsicht.
Der rechte Weg ist nicht immer der leichteste, aber immer der beste Weg.
Hier kannst du den Originaltitel lesen!
Carey Nieuwhof ist Hauptpastor der Connexus Community Church of Toronto, Kanada und hält Vorträge auf Konferenzen und in Gemeinden zu den Themen: Leiter und ihre Führungsqualitäten, Familien, Kindererziehung und persönliche Wiederherstellung. Mehr unter: www.careynieuwhof.com