Vielleicht weißt du das nicht, aber du bist ansteckend. Die Emotionen, die du als Leiter zeigst, können auf andere übergreifen und ihre Arbeit beeinflussen. Sozialwissenschaftler nennen das „Emotionale Ansteckung“. Das hat starke Auswirkungen auf Gemeinden.

Hier sind sechs Wege, wie man verhindern kann, dass ansteckende Emotionen geistlichen Diensten Schaden zufügen.

  1. Investiere in deine Gesundheit.

Es ist kein persönlicher Luxus, deine emotionale Gesundheit in den Vordergrund zu stellen, sondern eine geistliche und berufliche Notwendigkeit.

Eine Studie von Thomas Sy und Kollegen, die im Journal of Applied Psychology (Journal für angewandte Psychologie) veröffentlicht wurde, zeigt, dass Leiter ansteckender sind als ihre Nachfolger.

Das bedeutet, dass Pastoren und Gemeindeleiter den Ton angeben für ihre Teams im geistlichen Dienst und ihre Versammlungen. In meiner Doktorarbeit erforschte ich, wie der soziale Status die Muster der emotionalen Ansteckung bei Gruppen beeinflusst. Ich fand heraus, dass die Mitglieder einer Gruppe, die von anderen respektiert und geehrt wird – wie das bei den meisten Leitern innerhalb ihrer Gemeinde ist – ansteckender sind als jene, bei denen das nicht so ist.

Emotional ansteckend zu sein, ist eine große Verantwortung. Nimm dir also Zeit und denke darüber nach, wie es dir geht. Bist du voll Energie oder erschöpft? Voll Frieden oder verzagt?

Ob du es erkennst oder nicht, deine Emotionen gehen wahrscheinlich auf andere über. Also profitierst nicht nur du davon, wenn du in deine emotionale Gesundheit investierst, sondern es hilft dir auch bei deinem Dienst in der Gemeinde und fördert die emotionale Gesundheit bei anderen.

  1. Kontrolliere deine Emotionen.

Menschen übermitteln ihre Emotionen verbal, körperlich und virtuell. Daher wirkst du wahrscheinlich ausdrucksstärker als du weißt.Mit mehr als 40 individuellen Muskeln bringt das menschliche Gesicht Myriaden von Ausdrücken hervor, die von anderen als traurig, zornig, gelangweilt, frustriert, usw. interpretiert werden.

Gesichtsausdrücke sind nur eine Art, wie wir Emotionen kommunizieren und verstehen. Mit unserem Tonfall, unserer Körperhaltung und unseren Gesten verraten wir, was wir wirklich fühlen – oft ganz spontan, schnell und unbewusst.

Emotionen zeigen sich auch in der digitalen Kommunikation. Wenn du postest oder online einen Text schickst, können die Leser durch deine Wortwahl und Zeichensetzung Rückschlüsse darauf ziehen, wie es dir geht.

Es gibt zunehmende Anzeichen dafür, dass diese Emotionen genauso ansteckend sind. Emojis benutzen vielleicht eher Jugendliche. Aber in der heutigen Welt sind sie zunehmend eine wichtige Quelle an emotionaler Information.

Ein einziges Emoji kann die Art, wie jemand eine Textnachricht liest, dramatisch verändern. Der Text „Julie ist zu früh da“ mit einem lächelnden Emoji hat eine ganz andere Bedeutung als dieselbe Nachricht mit einem zornigen Emoji.

Wir bringen dauernd irgendwelche Emotionen zum Ausdruck, obgleich unterschiedlich stark und meist nicht absichtlich. Es macht Sinn, Acht zu geben auf die emotionalen Signale, die wir senden. Wir können uns jedoch nicht fortwährend selbst regulieren. Das wäre zu anstrengend und ist praktisch unmöglich, da wir meist unbewusst über unsere Emotionen kommunizieren.

Stelle sicher, dass dein Herz und dein Verstand in Übereinstimmung mit Gottes Wort stehen. Das ist eine effektivere Strategie. Wenn du geistlich und emotional gesund bist, brauchst du dir keine Sorgen machen, dass deine Emotionen dein Team negativ beeinflussen.

  1. Biete Ermutigung an.

Deine Emotionen haben nicht nur einen Einfluss darauf, wie sich die Leute in deinem Team fühlen, sondern auch, wie sie arbeiten.

Eine Studie von Sigal Barsade, veröffentlicht im Administrative Science Quarterly, zeigte auf, dass positive Emotionen Konflikte reduzieren und die Zusammenarbeit und Leistung der Gruppe zunehmen. Gemeinden sind angewiesen darauf, dass Gruppen zusammenarbeiten. Die Kooperation hat letztlich die Auswirkung auf die Fähigkeit einer Gemeinde, der Gesellschaft zu dienen und den Missionsauftrag zu erfüllen.

Zorn ist möglicherweise nicht nur destruktiv, sondern auch ansteckend.

Um gut leiten zu können, brauchen wir leistungsfähige Freiwilligenteams und bezahlte Mitarbeiter. Weil emotionale Gesundheit zentral zur Produktivität steht, dürfen wir das nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Die gute Nachricht ist, dass Leiter das emotionale Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter stark beeinflussen können. Wir können negativen Emotionen insofern entgegenwirken, indem wir positive Gefühle wecken. Unterschätze nicht die Kraft der Ermutigung, wenn jemand aus deinem Team einen Rückschlag oder eine Enttäuschung erlebt hat.

  1. Sei authentisch.

Es wäre ein Fehler, würde man emotionale Gesundheit mit Glück in Zusammenhang bringen. Menschen sind komplex und facettenreich. Das sieht man nirgends besser als in dem Auf und Ab unserer Emotionen.

In deinem geistlichen Dienst erlebst du wahrscheinlich Momente der Freude und der tiefen Befriedigung sowie Zeiten der Frustration, Enttäuschung und sogar Trauer.

Leiter verspüren oft den Druck, ein tapferes Gesicht aufsetzen zu müssen, aber auch ein Leiter muss nicht dauernd ein Quell der Begeisterung sein. Der Versuch, zu allen Zeiten Fröhlichkeit auszustrahlen, ist unrealistisch und nicht authentisch.

Die Gemeindemitglieder können ruhig wissen, dass nicht nur sie Leid und negative Emotionen erleben. Zu hören, wie die Gemeindeleiter sich durch diese Gefühle hindurch kämpfen, kann durchaus hilfreich sein. Auch Jesus weinte vor seinen Jüngern. (Johannes 11, 35).

Gott schuf dich, um eine Reihe von Gefühlen zu erleben – und authentisch zum Ausdruck zu bringen. Wenn du jedoch bitter, neidisch oder nachtragend bist, können diese Emotionen in deiner Gemeinde Wurzeln schlagen. Glaubwürdigkeit in der Leiterschaft kann von Vorteil sein, aber nur dann, wenn sie aus geistlicher Reife und Gesundheit entsteht.

  1. Geh mit deinem Zorn richtig um.

Zorn ist nicht grundsätzlich destruktiv, aber ansteckend. Daher ist es für Leiter wichtig, ihre Stimmungen unter Kontrolle zu halten.

In den Untersuchungen zu meiner Dissertation stellte ich die Hypothese auf, Glücksgefühle seien ansteckender als Zorn. Es zeigte sich, dass ich damit falsch lag. Ich entdeckte, dass sich Zorn genauso leicht ausbreitet wie Glücksgefühle.

In der Bibel steht einiges über Zorn. Jakobus 1, 19-20: „Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn. Denn des Menschen Zorn tut nicht, was vor Gott recht ist.“

Es stehen jedoch auch Beispiele für gerechten Zorn in der Bibel. Nehemia beispielsweise wurde „sehr zornig“, als er von der Unterdrückung von Gottes Volk hörte (Nehemia 5,6). Sein Zorn veranlasste den Propheten, sich im Interesse anderer einzusetzen. Zorn kann Menschen zu positiven Handlungen motivieren. Als Leiter müssen wir aber unterscheiden, ob unser Zorn wirklich gerechtfertigt ist. Andernfalls kann er sich ausbreiten und gären.

  1. Pass auf, was du dir einfängst.

Emotionale Ansteckung kann auf beide Arten wirken. Wenn wir nicht aufpassen, können sich die Emotionen der Menschen um uns herum auf unsere Herzen ausbreiten.

Jüngerschaft heißt oft, den Menschen zu helfen, ihr Leben durch die schwierigsten Herausforderungen zu steuern. Während wir mit den anderen durch zwischenmenschliche Konflikte, Veränderungen und Tragödien schreiten, kann es passieren, dass wir auch ihre Emotionen auf unsere Schultern laden.

Wenn man Zeit und Energie in Menschen investiert, kann man sich plötzlich mit ihren Emotionen selbst anstecken. Wenn eine Person zornig wird und einen Konflikt heraufbeschwört, ist es ein Leichtes, mit Zorn zurück zu feuern. Wenn du einem Familienmitglied bei einem Trauerfall geistlich dienst, kannst du unabsichtlich seine Trauer einfangen.

Wenn die Gefühle stark sind und du dich allmählich überwältigt fühlst, wende dich im Gebet an Gott. In Philipper 4, 6-7 steht: „Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden! Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne bewahren in Christus Jesus.“

König David, dessen emotionale Ausdrücke mannigfaltig und oft zu sehen waren, wusste, dass er Gottes Hilfe brauchte, um die Kontrolle über sein inneres Leben zu bewahren. Im 2. Vers von Psalm 26, der David zugeordnet wird, steht: „Prüfe mich, HERR, und erprobe mich, läutere meine Nieren und mein Herz!“

Als Leiter und Hirten tragen wir die Verantwortung, unsere Herde gut zu führen. Um das tun zu können, müssen wir eine Bestandsaufnahme unserer eigenen Emotionen machen, formbar bleiben für das Wirken des Heiligen Geistes und Emotionen verbreiten, die gesunde und produktive Gemeinden fördern.

Der Originaltitel auf Englisch steht hier!

Kayla Pierce, Ph.D., ist Sozialpsychologin, Forschungsberaterin im geistlichen Dienst und ehemalige Kinderpastorin; https://kayladrpierce.com