Nur Jesus kann eine Gemeinde großartig machen. Aber er erlaubt uns, an diesem Prozess teilzuhaben. Und hinter jeder großartigen Gemeinde, egal ob sie groß oder klein ist, gibt es zumindest einen Pastor oder Leiter, der lange genug geblieben ist, um die schlechten Zeiten zu überstehen und auf den guten Zeiten aufzubauen. Das ist der rote Faden – der gemeinsame Nenner. Pastoren oder Leiter die bleiben und ausdauernd sind.

Aber die pastorale Langlebigkeit hat auch ihre Schattenseiten – die Tendenz fad und abgestanden zu werden. Zu viele Pastoren und Leiter ruhen sich auf den Erfolgen der Vergangenheit auf, seien sie echt oder nur eingebildet. Sie verlieren ihre Leidenschaft, ihr Herz und ihre Effektivität. Oder sie werden müde, um gegen hartnäckige, festgefahrene Probleme anzukämpfen und wechseln in den Überlebensmodus.

Aber Pastoren, die Gemeinden zu langfristiger Gesundheit und Effektivität führen, lernen ständig, passen sich an und wachsen. Sie überstehen die schlechten Zeiten, lernen von gemachten Fehlern und bauen auf Erfolgen auf. Die Antwort auf die Frage, wie man einen langfristigen Dienst aufrechterhalten kann, ist etwas, was ich „Übergang ohne Umzug“ nenne. Wenn du dies beherzigst, wirst du nie länger in einer Gemeinde bleiben als erwünscht bleiben.

Einfach gesagt: eine Weiterentwicklung ohne Umzug ist die Fähigkeit, frisch zu bleiben, zu lernen, sich anzupassen, zu wachsen und neue Dinge in der Gemeinde über einen längeren Zeitraum auszuprobieren. Der Pastor entwickelt sich weiter (eine innere Veränderung), aber er zieht nicht um (externer Umzug). Unglücklicherweise, ziehen viele Pastoren einfach weiter in eine neue Gemeinde, ohne sich auf eine persönliche Weiterentwicklung einzulassen. Nachdem ihnen die Ideen ausgegangen sind, die Energie oder die Unterstützung in der Gemeinde nachlässt, packen sie ihre sieben Sachen, ziehen um und bereiten sich nur noch auf die neue Gemeinde vor.

Der Pastor erlebt vielleicht kurze „Flitterwochen“ in der neuen Gemeinde, aber dann treten die gleichen Probleme wieder auf. Warum? Weil der Pastor außer der geographischen Lage nichts verändert hat.

Wie schaffen wir es also auf lange Sicht, in der gleichen Gemeinde frisch zu bleiben? Hier sind einige Prinzipien, die ich gelernt habe, um in einer Gemeinde 30 Jahre zu bleiben – eine Gemeinde, die heute lebendiger und dynamischer ist als je zuvor.

  1. Höre niemals auf zu lernen

Ein Pastor oder Leiter, der aufhört zu lernen, hört auf zu leiten. Und ein Pastor oder Leiter, der aufhört zu leiten, hört auf Pastor oder Leiter zu sein. Selbst wenn er als Pastor oder Leiter im Amt bleibt.

Die besten Pastoren und Leiter, die ich kenne, haben eine unbändige Neugierde in Bezug das Wort Gottes. Was Leiterschaft betrifft. Und was die menschliche Natur, in all ihren herrlichen Eigenarten betriftt.

Ein Pastor, der immer mehr lernen will, ist ein guter Anfang.

  1. Reduziere das Wesentliche auf das absolute Minimum

Im Dienst frisch zu bleiben, bedeutet nicht, sich immer nur auf neue Wellen und Theologien einzulassen. Denn dies ist nur ein kleiner Aspekt des Dienstes.

Eine Zeit lang mag es vielleicht aufregend sein, sich über unwesentliche theologische Fragen zu streiten. Und vielleicht finden sich auch ein paar Mitstreiter. Aber langfristig wird die Beschäftigung mit solchen Nebensächlichkeiten deinen Dienst auf diese Wenigen beschränken, während alle anderen so müde werden, dass sie weiterwandern. Oder sie werden dich dazu bringen, die Gemeinde zu verlassen und umzuziehen. Streiche die unwichtigen Dinge einfach weg. Sie sind eine viel zu schwere Last, um über lange Strecke hinweg getragen zu werden.

  1. Bereit sein, alles andere zu verändern

In den 30 Dienstjahren, in denen ich unterwegs bin, habe ich die Art und Weise wie ich predige, sechsmal verändert. Und ich rechne damit, sie bald wieder zu verändern, denn was früher funktioniert hat, funktioniert heute so nicht mehr. Und was jetzt funktioniert, wird später nicht mehr funktionieren.

Außerdem lerne ich ständig, wie ich besser kommunizieren kann. Wenn ich alle Argumente höre, welche Art des Lehrens die beste ist (exegetisch, thematisch, auswendig gelernt, mit Stichpunkten und so weiter), dann möchte ich herausrufen: „Solange die Botschaft biblisch fundiert ist, ist dies die beste Methode, die, die funktioniert.“

Das gleiche gilt auch für die Liturgie, für den Musikstil, Kleingruppen, Sitzbänke, Kleidungsstil … was auch immer. „Weil wir es schon immer so gemacht haben“ ist eine schlechte Begründung, etwas zu so zu tun. Aber es ist definitiv ein großartiger Weg um langweilig und fad zu werden. Schnell.

  1. Andere zum Dienen anleiten

Einer der Hauptgründe, dass so viele Pastoren und Leiter ignorieren, was ich als den wichtigsten pastoralen Auftrag bezeichne, nämlich neue Gemeindemitarbeiter zuzurüsten und zu Jüngern zu machen (Epheser 4,9–11), ist ihre eigene Unsicherheit.

Wir sind besorgt und machen uns Gedanken, dass jemand die Arbeit besser machen könnte als wir. Aber ein gesunder, selbstbewusster und   effektiver Pastor möchte in der Tat von Menschen umgeben sein, die die Dinge besser machen als sie selbst. Kein Pastoralamt kann lange unter der Last bestehen, alles selbst machen zu wollen.

Jüngerschaft ist nicht nur ein Gebot, sondern ist auch ein Segen – für den Jünger, für den Pastor und für die Gemeinde. Wie uns ein altes Sprichwort sagt. „Wenn du schnell gehen willst, geh allein. Wenn du weiterkommen willst, geht gemeinsam.“

  1. Habe immer einen Ruhetag

Ein müder, ausgelaugter Pastor ist ein ineffektiver Pastor. Und ein Pastor der sich keine Auszeit, einen Sabbat nimmt, weil er denkt, dass ohne ihn nichts läuft und funktioniert in der Gemeinde, ist sowohl unsicher als auch arrogant. Eine tödliche Kombination, die einen Dienst schneller als andere beenden kann.

Pastoren, das mag hart für unser Ego sein, aber ihr braucht den Sabbat mehr, als eure Gemeinde euch braucht. Und paradoxerweise braucht ihr einen Sabbat, weil eure Gemeinde euch braucht.

  1. Lass nicht zu, dass deine Erfahrung deine Anpassungsfähigkeit einschränkt

Ich habe über 40 Jahre in der Seelsorge gearbeitet, und dabei eine Vielzahl an Erfahrungen gemacht. Aber das ist jetzt weniger wichtig geworden als zuvor. Erfahrung ist von großem Wert. Aber auch nur, wenn man anpassungsfähig bleibt.

Aber allzu oft lassen wir zu, dass unsere Erfahrungen Furchen in unserem Verstand, unsere Herzen und unseren Geist graben.

Wir beklagen uns über den traurigen Zustand der Gemeinde von heute und sehnen uns danach, wie die Dinge früher einmal waren – aber wahrscheinlich sie damals nie anders als heute. Unsere früheren, vorangegangenen Erfahrungen ersticken den schöpferischen Funken des Geistes, der in einer neuen Generation immer etwas Neues tun will.

Zum Glück schließen sich Erfahrung und Anpassungsfähigkeit nicht gegenseitig aus. Wenn wir unsere jahrelange pastorale Erfahrung mit einer gesunden Neugierde und Anpassungsfähigkeit verbinden, dann haben wir eine kraftvolle, starke Kombination. 

  1. Reverse Mentoring

In unseren Gemeinden gibt es junge Menschen, die zum Dienst berufen sind, als Laien oder hauptamtlich. Aber manchmal übersehen wir dies, weil vielleicht der Dienst, zu dem sie berufen sind, anders aussieht als wie jener, den wir gewohnt sind.

So, anstatt sie zu ermutigen, Gott dorthin nachzufolgen, wo er sie hinführt, zwingen wir sie in unsere alten Modelle und bezeichnen es Jüngerschaft. Oder Mentoring.

Was wir brauchen, ist „Reverse Mentoring“. Alte Hasen wie ich, müssen das Zuhören zu ihrem Werkzeug hinzufügen. Wir brauchen mehr Dialog und nicht nur Monolog. Wenn wir das beherzigen, gefällt uns dann vielleicht auch das, was wir hören.

Ich habe jahrzehntelang keine großartige, neue Dienstidee mehr gehabt. Aber unsere Gemeinde ist gefüllt mit großartigen, neuen Ideen – weil ich gelernt habe, zuzuhören.

  1. Sag oft „Ja“ – auch zu Ideen, die vorher nicht funktioniert haben.

Ich liebe es zu verrückten Ideen „Ja“ zu sagen. Auch zu Ideen, die vorher gescheitert sind. Denn die Kehrseite von dem „was damals funktionierte, wird heute mehr funktionieren“ ist, „was damals nicht funktionierte, wird heute funktionieren“!

Pastoren, die den Fuß auf der Bremse haben, inspirieren niemanden. Pastoren mit einem offenen Ohr und einer Hand am Lenkrad, können gute Ideen zu großartigen Ideen werden lassen. Das ist der Ursprung innovativer Gemeinden. Und so bleiben wir und unsere Gemeinden noch lange Zeit frisch.

Save the Date: März 2024

Karl Vaters wird unser Gastreferent bei acht verschiedenen Tagesforen die in der Schweiz, Österreich und Deutschland stattfinden werden. Er wird auch auf der Willow Creek Konferenz 2024 in Karlsruhe vorher sprechen. Hier findest du die acht Orte und Termine, an denen du Karl persönlich hören kannst.

Videos über die Vision von Karl Vaters finden sich unter seinem Namen auf YouTube.  Besuche Karl’s Blog!  Zwei Bücher sind von Karl auf Deutsch zu lesen: Kleine Gemeinde große Wirkung – Raus aus der Wachstumsfalle, Verlag Francke. Der Heuschrecken-Mythos: Große Gemeinden, kleine Gemeinden und das Kleindenkertum, das uns trennt.