Die hoop Kirche in Norddeutschland hat eine fundamentale Veränderung durchlaufen für die Menschen vor Ort
Die hoop Kirche mit ihrem größten Standort in Bremen hat eine lange Tradition. Sie ist bereits 90 Jahre alt. Dabei sieht man ihr das Alter nicht wirklich an. Seit 23 Jahren leitet Pastor Andreas ›Andy‹ Sommer die Kirche – und hat in dieser Zeit einige grundlegende Entwicklungen selbst mit angesteuert.
Die heutige Entwicklung setzt 1999 ein. In diesem Jahr übernimmt Andreas ›Andy‹ Sommer die damalige Freie Christengemeinde Bremen (fcb). Sie wechseln aus einem viel zu klein gewordenen Gemeindesaal in ein hoch ambitioniertes Neubauprojekt und die Kirche wächst. Nach den folgenden Jahren, die vom Bau, dem Umzug und der Eingewöhnung am neuen Standort geprägt sind, setzt in den 2010er Jahren die nächste wesentliche Veränderung für die ehemalige fcb ein: Mit einem neuen, jungen Pastorenteam vollzieht die Kirche einen größeren Veränderungsprozess, der u.a. eine Verjüngung und Restrukturierung in den Leitungsebenen nach sich zieht und die Kirche im Bremer Stadtteil Kattenturm zu einer dynamischen Ortsgemeinde macht, mit inzwischen mehreren Standorten in der Region.
REGIONALE VERWURZELUNG IM GEMEINDENAMEN
Eine gemeinsame Vision sorgt für Einheit zwischen den Standorten: »Wir wollen mit tausenden Menschen Gott anbeten, leidenschaftliche Nachfolger von Jesus machen und Verantwortung übernehmen in der Gesellschaft.« Diesen Dreiklang – Gott anbeten. Jünger machen. Einfluss nehmen hört man so oder, in Kurzform, in jedem Team-Huddle und am Ende jedes Gottesdienstes an jedem Standort: »Wir sind eine Kirche, die Hoffnung bringt.« Und weil gemeinsame Sprache Einheit schafft, finden sich an jedem Standort der hoop Kirche auch gemeinsame Sätze, Ziele und Überzeugungen an den Wänden, etwa diese: »Wir sind eine Gemeinde. Wir haben einen Geist. Uns erfüllt ein und dieselbe Hoffnung« (angelehnt an Epheser 4.4).
Das Wort ›Hoffnung‹ ist für die hoop Kirche in den vergangenen Jahren zu einem Schlüsselbegriff geworden. Nachdem sich die Kirche in mehreren Standorten aufgestellt hatte, war klar, dass ein Name mit Stadtbezug kein guter Name für eine Kirche im Multi-Site-Format wäre. Ein aus mehreren Gruppen der Kirche zusammengestelltes Team hat sich darum intensiv mit einem ›Renaming‹ beschäftigt. Die Tatsache, dass alle Standorte im niederdeutschen Sprachraum beheimatet sind, hat zu der Idee geführt, die regionale Verwurzelung auch im Gemeindenamen aufzunehmen.
Das Ergebnis sah schließlich so aus: Das plattdeutsche Wort ›hoop‹ dient fortan als neuer Gemeindename. Das Wort, mit langem ›o‹ ausgesprochen, lässt sich zweifach übersetzen: Einmal mit ›Hügel‹, wobei interessant ist, dass Kirchen ihren Platz oft auf einem Hügel gefunden haben und als ein Ort der Orientierung für Menschen sichtbar sein sollen. Zweitens mit ›Hoffnung‹. In der niederdeutschen Sprache kommt es oft vor, dass Worte denselben Wortstamm haben, regional aber unterschiedliche Sprachentwicklungen bekannt sind. So heißt hoop eben auch Hoffnung. Darin steckt die Kernbotschaft, mit der Kirche in der Welt unterwegs ist: »Es gibt Hoffnung!«
»TEIL DER NACHBARSCHAFT SEIN, KEINE ZUSCHAUER«
Die hoop Kirche hat es sich zur Aufgabe gemacht, in jeder Stadt, in der sie vertreten ist, Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen und Hoffnungsträger für die Menschen vor Ort zu sein. Dabel gab es einige Lernschritte, zum Beispiel, dass Lösungen auch in einer Multi-Site-Kirche oft Individuell aussehen. Eine gemeinsame Sicht von Evangelisation und Mission ist immens wichtig, über welche Anlaufwege aber man die Menschen vor Ort erreicht, welche evangelistischen Initiativen man startet und wie missionales Leben in der Nachbarschaft aussehen kann, muss an jedem Campus konkret entwickelt werden.
Der hoop-Campus in Achim etwa liegt in einer gutbürgerlichen Wohnsiedlung, in Bremerhaven dagegen mitten in einem sozialschwachen Viertel mit hoher Kinderarmut. Den Menschen ›Hoffnungsträger‹ zu sein, muss hier entsprechend kontextualisiert werden. Wieder anders sieht es in Bremen aus, wo man es über Jahrzehnte gewohnt ist, eine Kirche mit überregionaler Strahlkraft zu sein. Vor 20 Jahren ist die Gemeinde in den sozialschwachen Stadtteil Kattenturm gezogen, doch die Gottesdienstbesucher kommen von Anfang an aus der ganzen Umgebung. Man wohnte nicht bei der Kirche, man fuhr zur Kirche. Hier galt es zunächst eine Identifikation mit dem Stadtteil herzustellen. Die hoop Kirche ist diesen Prozess bewusst gegangen. Pastor Michael Heitmann: »Wir wollten den Menschen um uns herum sichtbar machen, dass wir für ihre Probleme Lösungen suchen – nicht für unsere«. Also öffnete die Kirche an ihrem Standort in Bremen Kindergartengruppen, weil KiTa-Plätze fehlten. Sie startete ein Café und eröffnete eine Tanzschule, weil es kaum Begegnungsflächen gab.
Am Standort in Achim wurde ein großer Spielplatz gebaut. In Bremerhaven plant man in Kooperation mit einem anerkannten Träger eine Stadtteilarbeit für sozial benachteiligte Kinder. »Wir wollen Teil der Nachbarschaft sein, keine Zuschauer. Wenn wir dem Stadtteil guttun, dann werden wir irgendwann auch so wahrgenommen – als Hoffnungsträger vor Ort«, sagt Michael Heitmann.
VERÄNDERUNGEN UMARMEN
Mehrfach hat Gott neue Phasen im Leben der Gemeinde eingeläutet. Ein wichtiger Impuls in der Gemeindeleitung wurde dabei schneller Realität als gedacht. Im Frühjahr 2015 spricht Andy mit seinem Team über die Vision, weitere Standorte zu eröffnen. Den Impuls trägt er schon länger in seinem Herzen; und schaut man in die Historie der fcb, stellt man fest: Schon in früheren Jahrzehnten sind hier Tochter- oder Verbundgemeinden entstanden. Es war, als würde man den Auftrag, über die eigenen Gemeinde- und Stadtgrenzen hinaus wirksam zu werden, als Spur der Vergangenheit wieder aufnehmen und neu durchdenken. Mit anderen Worten: Der Wunsch, als eine Kirche mit mehreren Standorten zu agieren, schien bereits Teil der in der Kirche angelegten DNA zu sein.
Nachdem die Gemeindeleitung beschlossen hat, sich diesem Impuls zu öffnen, melden sich nur wenige Monate später fast zeitgleich zwei Gemeinden aus der Umgebung mit dem Wunsch, unter fcb-Leitung neu anzufangen. Die Gemeindeleitung war eher von der Gründung neuer Standorte ausgegangen und hatte auch nicht geplant, sofort zu beginnen. Aber alle in der Gemeindeleitung waren sich einig darin, Gott ein Ja gegeben zu haben und dieses nun nicht widerrufen zu wollen. Also wagen sie das Abenteuer ›Multi-Site‹ – ohne einen wirklichen Plan und das nötige Know-how.
Aber das Ja hat sich bestätigt. Heute kommt zu den hoop-Standorten – neudeutsch: ›Campussen‹ in Bremen, Bremerhaven und im niedersächsischen Achim eine Start-Up-Initiative in Verden. Und im Herbst 2023 wird ein Pastorenehepaar ausgesandt, um einen weiteren Campus in Lübeck zu übernehmen.
Und danach? Wenn die hoop Kirche über die Jahre ein wesentliches ›Learning‹ begriffen hat, dann dies: Eine Kirche, die Menschen erreichen möchte, muss bereit sein, Veränderungen zu umarmen. Anders gesagt: Wer sich einrichtet, richtet nichts mehr aus. Deshalb rechnen die Leiterinnen und Leiter damit, dass Gott weitere Impulse durch seinen Heiligen Geist setzen wird und weitere Standorte dazukommen können.
Die Städte Bremen, Achim und Verden liegen jeweils rund 25 Kilometer auseinander. Nach Bremerhaven sind es schon knapp 70 Kilometer, bis Lübeck werden es fast 200 Kilometer sein. Was die Standorte aber trotz ihrer Entfernung zu einer Kirche macht, sind vor allem zwei Dinge: die gemeinsame Organisation und – vor allem – eine gemeinsame Vision.
Die Kirche organisiert sich über einen Kirchenvorstand, deren Mitglieder aus unterschiedlichen Standorten kommen und die Zukunft der Kirche bewusst aus einer ganzheitlichen Perspektive entwickeln.
In diesem Kirchenvorstand finden sich auch drei pastorale Funktionen wieder, nämlich der ›Senior Pastor‹, der für Vision und für den großen Überblick verantwortlich ist, der ›Lead Pastor‹ der für die Führung der Campus-Pastoren sowie für die Verkündigung der Kirche verantwortlich ist und der ›Executive Pastor‹, der schließlich für Strategie und operative Umsetzung verantwortlich ist. Eine enge Zusammenarbeit dieser Funktionen ist für das Wohl der Kirche unabdingbar. Strukturen, Prozesse und Finanzen sollen so synchronisiert sein, dass alle Standorte, alle Angestellten und ehrenamtlichen Mitarbeiter maximal davon profitieren.
In einer Multi-Site-Kirche ist etwa die Frage von strategischer Bedeutung, welche Aufgaben (lokal) an einem Campus gedacht und umgesetzt werden, und welche Aufgaben (zentral) für alle gleichzeitig gedacht und umgesetzt werden. Es muss nicht jeder Campus eigene Flyer, eigene Beamerfolien und eine eigene Homepage entwickeln. Dies wird zentral für alle gemacht. Aber wie die Medien am Campus effektiv wirksam werden können, muss vor Ort durchdacht und umgesetzt werden.
Noch ein Beispiel: Auch ein gemeinsamer Frömmigkeitsstil kann Einheit über alle Standorte hinweg schaffen. Wie man betet, welche Möglichkeiten für Jüngerschaft angeboten werden oder welche Lieder man in den Gottesdiensten singt, wird deshalb von vornherein gemeinsam gedacht. So ist beispielsweise ein zentraler Song-Pool entstanden, in dem das Liedgut der Kirche gesammelt wird. Welche Lieder aus dem Pool nun konkret zu einem Anlass am Campus gesungen werden, entscheiden die verantwortlichen Teams lokal.
NEU FEUER FANGEN
Diese Beispielreihe könnte man beliebig fortsetzen. Wichtig ist, durch eine gemeinsame Organisation praktische Fragen bestmöglich zu regeln. Und natürlich: Die Organisation wird von Menschen gelebt. Deswegen wird in der hoop Kirche immer wieder festgehalten: »Beziehung ist der Klebstoff, der uns zusammenhält. Wir wollen nicht nur funktionieren, sondern unsere Herzen miteinander verbinden.«
Und wir stellen im Lauf unserer Arbeit tatsächlich immer wieder fest: Viele Mitarbeitende und Leiter der Kirche fangen in diesen Jahren neu Feuer für Gott und eine hoffnungs-volle Gemeindearbeit.
T BENJAMIN SAWADSKY ist Leitender Pastor der hoop Kirche; Michael Heitmann ist Campus-Pastor in Bremen
FLG erhielt die Erlaubnis, diesen Artikel zu veröffentlichen, der in der 2. Ausgabe des WILLOW CREEK MAGAZIN im Jahr 2023 erschienen ist.